Nationale Abstimmungen OECD-Steuerreform deutlich angenommen

  • Die OECD-Mindeststeuervorlage ist mit 78.5 Prozent deutlich angenommen worden.
  • Die SP, welche die Vorlage bekämpft hatte, zeigt sich enttäuscht.
  • Wirtschaftsvertreter und die Bürgerlichen jubeln.

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Alle Kantone stimmten für die Vorlage. Grosse internationale Konzerne müssen ab Anfang 2024 in der Schweiz eine Mindeststeuer von 15 Prozent entrichten.

SP: Ja ist «klare Niederlage»

Die SP hat mit einem Ja zur OECD-Mindeststeuer gerechnet. In dieser Deutlichkeit sei das Resultat aber eine «klare Niederlage» für die Partei, sagte der Zürcher SP-Nationalrat Fabian Molina. Es habe sich gezeigt, dass die Position der SP schwierig zu erklären gewesen sei, sagte Molina weiter. So sei die Partei eigentlich für die Mindeststeuer gewesen, sie habe einfach die Umsetzung des Bundesrats für ungerecht gehalten.

Alliance Sud: Ja bringt globale Steuergerechtigkeit nicht voran

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Das Ja zur OECD-Mindestbesteuerung bringe die globale Steuergerechtigkeit nicht voran, kommentierte Alliance Sud am Sonntag. Das deutliche Resultat erklärte die Entwicklungshilfe-Organisation mit der Komplexität des Themas.

«Wir unterstützen zwar die Steuererhöhung für multinationale Konzerne», sagte Dominik Gross, Experte Steuerpolitik von Alliance Sud, zu Keystone-SDA. Aber diese OECD-Reform löse nicht das Grundproblem, dass die Unternehmen weiterhin ihre Steuern nicht in den Ländern des Südens zahlen werden, in denen sie produzierten. «Die zusätzlichen Einnahmen fliessen nun nicht in die Staaten, die sie am dringendsten benötigen.»

«Leider konnten wir nicht ausreichend erklären, warum die Umsetzung einseitig die Standortkantone der Grosskonzerne wie Zug begünstigt», sagt Co-Präsident Cédric Wermuth.

Die Mitte-Ständerätin Andrea Gmür zeigt sich «sehr erleichtert», dass das Stimmvolk das Umsetzungsgesetz zur OECD-Mindeststeuer deutlich zustimmt. Denn dank dem Ja blieben die Steuereinnahmen nun in der Schweiz – und die Bevölkerung werde von diesen Mehreinnahmen von Bund und Kantonen profitieren. «Ich freue mich sehr.»

Die FDP Schweiz hat sich «sehr erfreut» über das deutliche Ja geäussert. Es sei gut für die Schweiz, dass sie bei der Mindeststeuer mitmache, sagte FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger (BL). Die Bevölkerung habe begriffen, dass die Schweiz angesichts der Ausgangslage bei der Mindeststeuer mitziehen müsse, sagte Schneeberger weiter.

Spitzenmässig hoher Ja-Anteil

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Die Zustimmung mit 78.5 Prozent Ja-Stimmen-Anteil ist im historischen Vergleich hoch. In den vergangenen zwanzig Jahren erreichten nur fünf Vorlagen höhere Zustimmungswerte.

Noch deutlicher angenommen wurden dabei 2014 ein Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung (88.1 Prozent), 2012 eine Regelung der Geldspiele zugunsten gemeinnütziger Zwecke (87.1), 2006 eine Neuordnung der Verfassungsbestimmungen zur Bildung (85.6), 2018 eine neue Finanzordnung (84.1) sowie 2017 ein Bundesbeschluss über die Ernährungssicherheit (78.7).

Im Vergleich aller Abstimmungen seit Schaffung des Bundesstaats 1848 landet die OECD-Steuervorlage bei der Zustimmung auf Platz 39 von 680 Vorlagen. Bisheriger absoluter Spitzenreiter war 1915 angesichts des Ersten Weltkriegs eine Verfassungsabstimmung für eine einmalige Kriegssteuer. Der Ja-Stimmenanteil lag dabei bei 94.3 Prozent.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hat die deutliche Zustimmung ebenfalls begrüsst. Mit der Annahme der Vorlage durch das Volk blieben die Einnahmen aus dieser Steuer in der Schweiz. «Im Falle eines Neins hätten die betroffenen Firmen diese Steuer im Ausland bezahlen müssen», sagte Vincent Simon, Projektleiter bei Economiesuisse, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Einnahmen mehrheitlich an Kantone

Der Bund schätzt die Mehreinnahmen im ersten Jahr nach der Umsetzung auf rund 1 bis 2.5 Milliarden Franken. Wie es danach weitergeht, hängt von der Reaktion der multinationalen Unternehmen auf die steuerlich weniger attraktive Schweiz ab.

Das steht im Zentrum

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Im Zentrum der OECD/G20-Steuerreform steht eine Mindestbesteuerung von 15 Prozent für Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro im Jahr. Das trifft rund ein Prozent der in der Schweiz tätigen Unternehmen. Konzerne, deren Gewinn heute in den Kantonen tiefer besteuert wird, sollen eine Ergänzungssteuer abliefern.

Dafür braucht es in der Schweiz eine Verfassungsänderung, die Volk und Stände genehmigen müssen. Gestützt darauf will der Bundesrat die Mindestbesteuerung ab 2024 zunächst mit einer Verordnung und danach mit einem Gesetz umsetzen.

Was die Ergänzungssteuer einbringt, geht zu 75 Prozent an die Kantone und zu 25 Prozent an den Bund. Die Kantone können selbst entscheiden, wie sie die Mittel einsetzen wollen, müssen aber Städte und Gemeinden angemessen berücksichtigen.

 

Abstimmungsstudio, 18.06.23, 12:00 Uhr ; 

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