Biodiversität Wie Elefantenkorridore in Kenia zur Artenvielfalt beitragen

In Kenia investiert die mit 100 Millionen Franken ausgestattete Stiftung Wyss Academy For Nature in Projekte zum Elefantenschutz und zur Bekämpfung der Wüstenbildung. Die Ziele sind hochgesteckt: Die Stiftung will die Entwicklungshilfe neu denken.

«Elefanten sind die Ingenieure des Ökosystems.» Das sagt einer, der es wissen muss. Benjamin Loloju ist langjähriger Mitarbeiter bei der NGO «Save The Elephants» . Der Vermessungsingenieur ist in seinem Jeep in einem der Savannengebiete nördlich des Mount Kenya unterwegs. Insgesamt acht Korridore besitzt «Save The Elephants», durch die Elefanten und andere Wildtiere weiterhin ungestört wandern können. Das Geld dafür kommt auch aus der Schweiz. Die  «Wyss Academy For Nature»  kofinanziert das Programm und ist ein Partner beim Schutz der letzten noch offenen Wanderrouten der Elefanten in Ostafrika.

Ein Mann sitzt am Lenkrad seines Jeeps und schaut aus dem Fenster. Im Hintergrund Savanne.
Legende: Wo die Elefanten sind, lebt die Savanne. Benjamin Loloju nennt sie die Ingenieure der Natur. Valerie Thurner / SWI swissinfo.ch

Was Lolojou sagt, kann man auch als einfache Faustregel zusammenfassen: Wo Elefanten leben, geht es der Biodiversität nicht allzu schlecht. Die Dickhäuter legen auf ihren Wanderungen Hunderte von Kilometern zurück. Durch ihre Ausscheidungen verbreiten sie diverse Pflanzenarten über ein weites Gebiet.

Schutzgebiete sind keine Lösung

Die Wanderrouten der Wildtiere rund um den Mount Kenya wurden bereits im Zuge der Kolonialisierung vor über hundert Jahren von britischen Viehfarmen unterbrochen. Inzwischen wurden viele Farmen in Schutzgebiete für bedrohte Tierarten umgewandelt. Sie sind eingezäunt, das Weideland für die Hirtinnen und Hirten ist damit beschränkt.

Eine Elefantenherde durchquert die Savanne.
Legende: Elefanten in offenen Savannen: Dieses Bild wird seltener. In Kenia zerschneiden immer mehr Infrastrukturprojekte und Siedlungen die Wanderrouten der Wildtiere. Arthur Nicholas Orchard / Hans Lucas

Die Koexistenz von Mensch und Tier sei zentral für die Zukunft der Landschaft, Artenschutzgebiete abzugrenzen alleine reicht nicht. Davon ist Andreas Heinimann überzeugt. Er ist Wissenschaftler an der «Wyss Academy For Nature» und an der Universität Bern, erforscht Landsysteme und Biodiversität und koordiniert den Aufbau unter anderem des Standorts der Wyss Academy in Ostafrika.

Es brauche beide Formen, sagt Heinimann. «Was wir in unserer Forschung in den letzten Jahren aufzeigen wollten: Die Summe aller ökologischen Dienstleistungen ist häufig höher in multifunktionalen, kleinräumig strukturierten Landschaften als bei einem ‹Landsparing›, bei dem Schutzgebiete von grossen Monokultur-Agrarflächen abgetrennt sind. Denn gewisse ökologische Dienstleistungen können – wenn auch begrenzt – transportiert werden, beispielsweise die Bestäubung.»

Die Bedingung des Milliardärs

Integrative Ansätze sind essenziell für den Schutz von Menschen und Biodiversität, so sieht es auch die Wyss Academy. 100 Millionen Schweizer Franken hat Gründer Hansjörg Wyss dem Kompetenzzentrum für die Arbeit in den drei Hubs in Peru, Laos und Ostafrika zur Verfügung gestellt, über eine Zeitspanne von zehn Jahren. Bedingung war, dass der Kanton und die Universität Bern im selben Zeitraum ebenfalls je 50 Millionen bereitstellen, aber um spezifische Projekte im Kanton Bern zu verfolgen.

Einer der reichsten Schweizer

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Portrait von Hansjörg Wyss. Im Hintergrund über ihm eine Lampe.
Legende: Hansjörg Wyss bei seiner Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Bern im Mai dieses Jahres. Keystone / Anthony Anex

Nichts Geringeres als eine «neue Beziehung mit der Natur» schreibt sich die «Wyss Academy For Nature» auf die Fahne. Das Forschungszentrum an der Schnittstelle von Klima, Landschaftsnutzung und Biodiversitätsschutz hat der Schweizer Unternehmer Hansjörg Wyss vor vier Jahren zusammen mit der Universität Bern gegründet.

Das Joint Venture ist an vier Standorten weltweit tätig, mit dem Ziel, lokale Strategien zum Schutz von Natur und Mensch zu fördern. Dabei soll in partizipativen Forschungsansätzen lokales und akademisches Wissen verbunden werden. Ziel ist eine ergebnisoffene Suche nach Lösungen, die weniger vom reichen Norden bestimmt werden.

Der heute 88-jährige Wyss, der in den USA lebt, ist in Bern aufgewachsen. Er arbeitete für verschiedene Unternehmen wie Chrysler und Monsanto, bevor er sich an der US-Tochterfirma des Knochenimplantate-Herstellers Synthes beteiligte. Er sanierte die Firma und verkaufte seine Anteile  2011 für einen Milliardenbetrag an Johnson & Johnson .

In den letzten Jahren ist Wyss als Mäzen in Erscheinung getreten, aber auch durch den  Kauf des Londoner Spitzenfussballvereins Chelsea .

Für den Kanton Bern handelt es sich um ein Prestigeprojekt, um die Universität als international renommiertes Kompetenzzentrum für interdisziplinäre Forschung zu positionieren. Oder wie es Heinimann sagt: «Die Universität Bern konnte den Philanthropen überzeugen, dass die Forschung einen wesentlichen Beitrag leisten kann, damit Mensch und Umwelt in gleicher Weise profitieren.»

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Dieser Artikel wurde zuerst auf SWI swissinfo.ch publiziert und von der «dialog»-Redaktion adaptiert. Die Originalversion können Sie auf SWI swissinfo.ch lesen.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 12.08.2024, 17.30 Uhr

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