International Das sind die neuen Reformvorschläge aus Athen

Das Spar- und Reformpaket, das Athen am späten Abend nach Brüssel übermittelt hat, dürfte den internationalen Gläubigern bekannt vorkommen. Denn in vielen Punkten entspricht die Liste aus Hellas dem, was EZB, EU-Kommission und IWF als Voraussetzung für weitere Finanzhilfen Ende Juni forderten.

Reformliste aus Athen

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Die vollständige Liste, die Athen nach Brüssel gemailt hat, ist auf der Internet-Seite «Greek Reporter» in englischer Sprache nachzulesen .

Die griechische Regierung will nach eigenen Angaben Finanzhilfen von 53,5 Milliarden Euro beantragen, um in den nächsten Jahren ihren Verpflichtungen beim Schuldendienst nachzukommen.

Im Gegenzug bietet Athen Reformen an, unter anderem bei den Renten und Steuern. In der Nacht veröffentlichte die griechische Regierung das 13-seitige Dokument, das sie am Donnerstagabend den Partnern der Eurozone unterbreitete. Die Vorschläge im Einzelnen:

  • Mehrwertsteuer Aus dem Papier geht unter anderem hervor, dass Athen Vergünstigungen bei der Mehrwertsteuer für die wohlhabendsten Inseln und diejenigen mit den meisten Touristen streichen will; nicht jedoch für alle, wie dies die Gläubiger einst gefordert hatten.
  • Renten Frühverrentungen sollen künftig erschwert und Rentner stärker an den Gesundheitskosten beteiligt werden.
  • Steuerreformen Die Unternehmenssteuer und die Luxussteuer sollen erhöht, die Bekämpfung der Steuerflucht deutlich verstärkt werden. Gemäss dem deutschen Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» soll die Unternehmenssteuer von 26 auf 28 Prozent angehoben werden. Reeder sollen Privilegien verlieren.
  • Auch der öffentliche Dienst solle reformiert werden, heisst es in der Vorschlagsliste weiter.
  • Privatisierungen Athen willigt ferner in den Verkauf der verbliebenen staatlichen Anteile am Telekommunikationskonzern OTE ein. Ausserdem sollen verbindliche Fristen für Gebote für den Verkauf der Staatsanteile an den Häfen von Piräus und Thessaloniki bis spätestens Oktober aufgestellt werden.
  • Verteidigungsausgaben Als Kürzung bei den Verteidigungsausgaben bietet Athen statt der geforderten 400 Millionen Euro für dieses Jahr 100 Millionen Euro und für das kommende weitere 200 Millionen Euro an.

Parlament soll noch heute entscheiden

Athens Vorschläge kommen den Forderungen nahe, die die internationalen Gläubiger vor dem Abbruch der Verhandlungen vergangenen Monat aufgestellt hatten. Die neuen Reformen sind Voraussetzung für ein drittes Hilfspaket, das Griechenland am Mittwoch beim Europäischen Stabilitätsmechanismus beantragt hatte.

Wie der staatliche griechische Rundfunk berichtete, soll das griechische Parlament am Freitagabend darüber abstimmen, ob sie der Regierung von Alexis Tsipras auf Grundlage der neuen Vorschlagsliste die Vollmacht erteilt, am Wochenende in Brüssel eine Vereinbarung zu unterzeichnen. Der genaue Zeitpunkt der Abstimmung sei noch unklar.

«Erleichterungen» gefordert

Für das Hilfsprogramm ist ein Zeitraum bis Ende 2018 vorgesehen. Athen fordert weiter auch Schuldenerleichterungen zur Überwindung der akuten Finanzkrise. Athen wolle eine Lösung, um seine enormen Schulden zu «regeln», heisst es.

Die Staatsverschuldung hat mittlerweile rund 180 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) erreicht. Nebst dem Hilfsprogramm wirbt die Regierung in dem Papier auch um ein Investitionspaket für Griechenland im Umfang von 35 Milliarden Euro.

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Im Juli sind 4,2 Milliarden Euro fällig

Die Hoffnung auf eine baldige Entschärfung der Schuldenkrise bleibt durch die fristgerechte Vorlage vorerst am Leben. Fällt das präsentierte Reformpaket zur Zufriedenheit der Geldgeber aus, könnten sie ein neues Hilfsprogramm und eine Zwischenfinanzierung gewähren. Allein im Juli muss Athen seinen Gläubigern 4,2 Milliarden Euro zurückzahlen, ohne frisches Geld droht somit der «Grexit».

Die Vorschläge aus Athen müssen nun zunächst von Experten der EU-Kommission, Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgewertet werden. Am Samstag könnten die Euro-Finanzminister dann bei einem Treffen in Brüssel grünes Licht geben. Nur wenn sie das Programm für zustimmungsfähig erachten, könnte wiederum ein doppelter Sondergipfel der Euro- und EU-Staaten am Sonntag den Weg für ein weiteres Hilfspaket ebnen.

Sondergipfel am Sonntag

Auf Seite der Geldgeber-Institutionen müssen die Vorschläge aus Athen von Vertretern von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) geprüft und anschliessend den Euro-Finanzministern vorgelegt werden. Diese treffen sich am Samstag.

Am Sonntag findet ein EU-Gipfel in Brüssel statt, an dem dann alle 28 EU-Staaten teilnehmen. Der Gipfel entscheidet darüber, ob Griechenland neue Kredite bekommt. Die Vorschläge seien auch wichtig, um «den Umfang des Hilfsprogramms festzulegen», verlautete von europäischer Seite.

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