Flugzeug-Abschuss im Iran «Wenn er sich bedroht fühlt, dann drückt er auf den Knopf»

Der Iran hat nun doch eingestanden, für den Absturz eines ukrainischen Passagierflugzeugs mit 176 Todesopfern verantwortlich zu sein. Das Militär habe die Maschine unbeabsichtigt abgeschossen, es handle sich um menschliches Versagen, hiess es. Nach diesem Schuldeingeständnis fordert der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski vom Iran, dass die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden.

Demonstranten in Teheran fordern Rücktritt Chameneis

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Ein auf der Kurznachrichtenplattform Twitter veröffentlichtes Video zeigt Demonstranten in Teheran, die den Rücktritt des geistlichen Oberhaupts Ali Chamenei fordern. Am Samstag hat die iranische Führung erstmals eingeräumt, das Passagierflugzeug sei vom Militär abgeschossen worden.

Es werden aber auch Stimmen laut, die der Fluggesellschaft eine Mitschuld am Absturz geben wollen. Doch diese widerspricht: «Das Flugzeug ist strikt auf Kurs gewesen», sagt der Vizepräsident der Airline, Ihor Sosnovski. Vor dem Start habe es keine Warnung aus Teheran über eine mögliche Bedrohung gegeben. Der Iran hätte den Flughafen schliessen sollen, so die Forderung nach dem Unglück.

Die zivile Flugsicherung hat nicht mit einem amerikanischen Angriff gerechnet.
Autor: Mauro Mantovani Militärakademie ETH Zürich

«Das System Iran stand unter Stress»

Unter normalen Bedingungen würden Flugpläne und Echtzeitdaten zwischen dem Militär und den zivilen Behörden ausgetauscht, sagte Mauro Mantovani, Militärakademie ETH Zürich. «Aber das System Iran stand unter Stress», so Mantovani weiter.

Am Mittwoch habe sich die zivile Flugsicherung offenbar nicht bedroht gefühlt, «sie hat also nicht mit einem amerikanischen Angriff gerechnet». Die militärische Luftraumverteidigung aber hätte offenbar Grund gehabt, sich als erstes Ziel einer amerikanischen Kampagne zu sehen, so Mantovani.

«Fühlt sich bedroht und drückt den Knopf»

Dass allerdings die Verteidigung ein ziviles Flugzeug mit einer militärischen Intervention verwechselt, sei fast ausgeschlossen. «Die Flugzeuge sind mit Transpondern ausgerüstet, welche die Daten an die Bodenstationen senden. Vertraut man diesen, dann ist so ein Missverständnis eigentlich ausgeschlossen», betont Mantovani.

Es ist aber nicht das erste Mal, dass es zu Verwechslungen kommt. Zuletzt wurde 2014 der Flug MH17 der Malaysia Airlines in der Ostukraine von prorussischen Rebellen abgeschossen. 298 Menschen starben damals.

Mantovani sagt, dass bei solchen Abschüssen die Entscheidungskompetenzen oftmals auf tiefere Stufen delegiert werden. So hatte im Iran offenbar ein Batterie-Kommandant das Sagen. «Wenn er sich persönlich bedroht fühlt, unter Stress steht, die Nerven verliert und eine aussergewöhnliche Bewegung am Himmel feststellt, dann drückt er auf den Knopf.»

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