International EU-Kommissionschef Juncker: Vom Saulus zum Paulus

EU-Kommissionschef Juncker war als Premier von Luxemburg für die umstrittenen Steuersparmodelle verantwortlich. Nun will er als neuer EU-Kommissionschef den Missbrauch eindämmen – unter anderem auf Druck des deutschen Finanzministers Schäuble.

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Journalisten legten kürzlich offen: In Luxemburg sparen Grosskonzerne Steuern, ganz legal, mit Hilfe komplizierter Konstrukte. Klar, dass der EU solche Steuersparmodelle ein Dorn im Auge sind. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker musste sich dem Druck nun beugen, sich zu erklären.

Auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz kündigte Juncker nun Gesetzesvorschläge an. Das Ziel: Bei Steuerabsprachen für Konzerne sollen die EU-Staaten automatisch Informationen austauschen. Juncker bedauerte, nicht schon vorher zu den Enthüllungen in Luxemburg Stellung genommen zu haben: «Das war ohne Zweifel ein Fehler.»

«Ich bin für fairen Steuerwettbewerb»

Der frühere Luxemburger Premier und Finanzminister steht seit Bekanntwerden der Steuermodelle unter erheblichem Druck. Juncker sagte nun, er bedauere es, falls Wechselwirkungen verschiedener Steuersysteme in Europa zu einer Nicht-Besteuerung von Unternehmen führten. «Ich bin für fairen Steuerwettbewerb. Ich bin gegen unfairen Steuerwettbewerb.» Er sei politisch dafür verantwortlich, was in seiner Regierungszeit passiert sei, fügte er an.

Juncker spricht als EU-Kommissionspräsident

Juncker präsentierte sich als Kämpfer für mehr Transparenz und für mehr Harmonisierung. Doch wie soll man ihm glauben, dass er es ernst meint? Jahrelang war er Premierminister eines Kleinsataates, der die Steueroptimierung gleichsam zur Staatsraisön erhoben hat.

Nichts belege, dass er ein System der Steuervermeidung habe organisieren wollen, betonte Juncker. Das Problem sei die fehlende Harmonisierung gewesen. Doch eine Antwort auf die Frage, warum ist er nicht viel früher, bereits als Premierminister Luxemburgs, im Kampf gegen Steueroptimierung aktiv geworden sei, blieb er schuldig. Er spreche nicht über die Vergangenheit und als Premierminister Luxemburgs, sondern als Kommissionspräsident der Europäischen Union, hatte er schon zu Beginn der Medienkonferenz gesagt.

Juncker sagte weiter, er werde am Donnerstag ins australische Brisbane zum G20-Gipfel reisen. Dort werde er im Namen der EU-Kommission den automatischen Informationsaustausch vorschlagen. Denn «Europa ist hier nicht alleine betroffen».

Schäuble will vorwärts machen

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Juncker kann auf die Unterstützung Deutschlands zählen: Erst am Dienstag hatte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble in einem Brief an EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici den automatischen Informationsaustausch bei Tax Rulings innerhalb der EU gefordert – ähnlich wie das Juncker nun vorgeschlagen hat.

Schäuble pocht auf rasche und wirksame Massnahmen für mehr Transparenz unter den EU-Ländern. Auch weltweit sollten die Massnahmen gegen aggressive Steuergestaltungen und Gewinnverlagerungen aus Sicht Schäubles «massiv beschleunigt» werden. Die Arbeiten dazu sollten nicht erst Ende 2015 beendet werden.

Schon seit drei Jahren liegt bei den EU-Staaten ein Gesetzesvorschlag auf dem Tisch. Die Steuerpolitik in der EU ist ein Minenfeld, denn einzelne Staaten können Beschlüsse blockieren. Letztlich müssen alle 28 Mitgliedstaaten zustimmen.

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