Ein schiitischer Kämpfer, der dem radikalen Kleriker Sadr treu ergeben ist, in Najaf.
Legende: Die schiitischen Milizionäre dürften vorrangig gegen den IS und nicht für Ramadis Zivilbevölkerung kämpfen. Reuters

International Kampf um Ramadi: Befreier in zweifelhafter Mission

Ohne die Unterstützung schiitischer Milizen wird die Rückeroberung von Ramadi ein Himmelfahrtskommando. Das befeuert die perverse Logik des Kriegs weiter: Denn es rücken berüchtigte Stammeskrieger heran, die mit Vorliebe die konfessionelle Spaltung des Iraks bewirtschaften.

Es braucht einen Ausgleich zwischen den konfessionellen Gruppen im Irak. Konkret: Die sunnitische Minderheit müsste stärker an der Macht beteiligt werden. So könnte den sunnitischen Dschihad-Extremisten des IS am ehesten der Nährboden entzogen werden.

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Premierminister Haider al-Abadi trat im letzten Sommer mit diesem Versprechen an. Dem Versprechen, nicht wie sein Vorgänger Nuri al-Maliki die konfessionellen Gegensätze weiter zu schüren, sondern eine übergeordnete, irakische Strategie zu verfolgen.

Militärisch notwendig, und berüchtigt

Doch in der unerbittlichen Logik des Kriegs wird die Konfrontation nur immer noch konfessioneller. Der Verlust von Ramadi hat übers Wochenende zu Beschimpfungen und Schuldzuweisungen zwischen Washington, Bagdad und Teheran geführt. Die drei Seiten warfen sich gegenseitig mangelnden Willen oder Unvermögen vor, die Terrormiliz IS zu bekämpfen.

Die angekündigte Gegenoffensive der irakischen Regierung soll nun eine Antwort darauf sein. Allerdings: Die irakische Armee ist schwach und korrupt und alleine tatsächlich unfähig, den Extremisten von IS die Stirn zu bieten.

Eine Schlüsselrolle bei der Gegenoffensive soll deshalb erneut den schiitischen Milizen zufallen, wie schon bei der Rückeroberung von Tikrit. Doch die sind seit der Zeit nach der amerikanischen Invasion berüchtigt. Als im Machtvakuum, das die USA im Irak schufen, schon einmal ein konfessioneller Bürgerkrieg tobte. Und manche der schiitischen Milizen beziehen Befehle nicht aus Bagdad, sondern direkt aus Teheran, der Hauptstadt der schiitischen Regionalmacht Iran.

Unter dem Banner des schiitischen Märtyrers ins Sunnitengebiet

Mehr noch: Einer der Anführer der schiitischen Milizen sagte heute rundweg, die Offensive habe den Namen «Labayka ya Hussein» (sinngemässe Übersetzung: «Zu deinen Diensten, oh Hussein»). Doch schiitische Milizen beim Vormarsch ins sunnitische Kernland von Anbar, unter dem Banner des schiitischen Märtyrers Hussein? Weiter entfernt vom versprochenen Ausgleich könnte die irakische Strategie gegen IS nicht sein.

Die Dschihadisten der Terrormiliz stellen sich ihrerseits als einzige Kraft dar, die die Sunniten vor angeblich ketzerischer schiitischer und iranischer Dominanz bewahren könne. Sunnitische Stämme, die dieser perversen Logik entrinnen wollten und sich auf die Seite der irakischen Regierungen schlugen, bezahlten einen hohen Preis. Hunderte ihrer Kämpfer wurden vom IS umgebracht. Die Mehrheit der sunnitischen Stämme Iraks aber verhielt sich abwartend. Und eine Offensive gegen IS mit schiitischen Schlachtruf wird sie nicht zum Umdenken bewegen.

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