Soldaten in Tarnkleidung in und um mehrere Jeeps im Gelände.
Legende: Martialischer Auftritt in Polen: Die schnelle Eingreiftruppe der Nato bei ihrem Manöver. Keystone

International Nato meldet erfolgreiches Manöver

Unter dem Motto «Speerspitze» hat die Nato in Polen, nahe der Grenze zu Russland, ein Grossmanöver durchgeführt. Das transatlantische Bündnis zieht eine positive Bilanz der ersten Übung der neu geschaffenen schnellen Eingreiftruppe.

SRF News: Fredy Gsteiger, was genau haben die Nato-Soldaten geübt?

Fredy Gsteiger

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Portrait von Fredy Gsteiger

Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St.Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» und Chefredaktor der «Weltwoche».

Fredy Gsteiger: Sie haben einen Angriff eines fiktiven Landes namens Bothnia auf Polen geübt und seine Abwehr. Es ging dabei nicht um einen klassischen Militärangriff mit Militärkolonnen und Panzern. Der Angriff erfolgte hybrid mit Sonderkommandos, sogenannten grünen Männchen, Propaganda und bewaffneten lokalen Milizen. Man erkennt hier unschwer das russische Vorgehen auf der Krim und in der Ostukraine.

Wie ist die Übung verlaufen?

Nach Drehbuch. Die Nato hat den Angriff erfolgreich abgewehrt, wie das Bündnis mitteilte. Das ist auch das, was die Beobachter sehen konnten – wobei die natürlich nicht alles sehen konnten. Es war nicht erkennbar, was hinter den Kulissen allenfalls schief gelaufen ist – und jene, die es wissen, erzählen es natürlich nicht, denn das wäre ja nicht mehr «Abschreckung».

Ist die Nato zufrieden, wie ihre schnelle Eingreiftruppe funktioniert?

Nach Aussen ist sie sehr zufrieden. So hat sich der polnische Verteidigungsminister schon fast enthusiastisch geäussert, und auch Nato-Chef Jens Stoltenberg sagte, er sei beeindruckt. Wie ein Mann hätten die Nato-Soldaten agiert. Das ist ja nicht ganz selbstverständlich; bei Soldaten aus neun Ländern mit unterschiedlicher Sprache und unterschiedlicher militärischer Tradition.

In einigen Ländern Osteuropas herrscht echte Angst vor Russland.

Hatte das Grossmanöver bloss symbolische Wirkung – also Abschreckung Russlands und Beruhigung einiger osteuropäischer Staaten – oder ging es um mehr?

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Allein schon die Symbolik war wichtig – vor allem als Signal an die Osteuropäer: «Seht her, die Nato steht hinter euch.» Denn es gibt in Osteuropa in einigen Ländern echte Angst vor Russland und auch echte Zweifel darüber, ob die Nato im Stande wäre, einen Angriff zurückzuschlagen. Neben der Symbolik gab es allerdings auch die schlichte militärische Notwendigkeit der Übung. Die Eingreiftruppe ist noch sehr neu, hat noch nicht wirklich geübt und muss das auch noch viele Mal tun, bevor sie sie von einem Papiertiger zu einer ernstzunehmenden Kraft wird.

Russland hat mit einer Gegendrohung geantwortet und angekündigt, es wolle seine Atomwaffen modernisieren. Angesichts dieser angespannten Lage: Welche Bedeutung hat da der Vorschlag von Bundesrat Didier Burkhalter, man solle der Ukraine den Status der Neutralität verleihen?

Die Idee ist nicht schlecht. Wohl wären die EU und die Nato für die Idee zu haben – vielleicht auch Russland; etwa so wie im Falle Österreichs, dem die Neutralität im Nachgang des Zweiten Weltkriegs ja auch sozusagen aufgenötigt wurde. Im Fall der Ukraine ist die entscheidende Frage aber, ob das Kiew will: Würde sich die Ukraine als neutrales Land zwischen den Fronten sicherer fühlen als wenn sie der Nato beitreten würde? Denn das ist es, was Kiew anstrebt.

Russland ist auch über die US-Pläne verärgert, Nato-Truppen und schwere Waffen nahe der russischen Grenze zu stationieren. Wie weit sind diese Pläne gediehen?

Man hat nun viele Wochen lang darüber diskutiert und ich denke, dass es kommende Woche beim Nato-Verteidigungsminister-Treffen zu einer Entscheidung kommt. Möglicherweise wird man tatsächlich Material und Waffen dort stationieren, wenn auch womöglich nicht gleich permanent Soldaten.

Das Interview führte Ivana Pribakovic.

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