Vermummte Polizisten an Fahrzeugen
Legende: Wie in den Tagen zuvor führten Spezialkräfte in Brüssel wieder Razzien durch. Dabei gingen Verdächtige ins Netz. Keystone

International Terrorverdächtige in Belgien gefasst

Im Zusammenhang mit den Anschlägen in Brüssel sind am Donnerstagabend sechs Menschen festgenommen worden. Das teilte die Staatsanwaltschaft mit. Wer die Festgenommenen sind, ist noch nicht bekannt.

Drei der insgesamt sechs verdächtigen Personen seien «direkt vor unserer Tür» festgenommen worden, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Brüssel mit. Die Männer hätten sich aus bislang ungeklärten Gründen in einem Auto vor dem Gebäude der Staatsanwaltschaft aufgehalten.

Spezialkräfte im Einsatz

Die weiteren wurden bei Hausdurchsuchungen festgenommen. Die Polizei führte in der Nacht in den Brüsseler Gemeinden Schaerbeck und Jette mehrere Durchsuchungen durch, wie die belgische Nachrichtenagentur Belga meldete. Es seien Spezialkräfte und ein Helikopter der Polizei im Einsatz gewesen. Zudem sei die Polizei auch durch die Armee unterstützt worden.

Ob unter den nun festgenommenen Personen noch flüchtige Komplizen der Attentäter waren, war zunächst unklar. Die Staatsanwaltschaft kündigte weitere Informationen für den Morgen an. Am Freitag soll auch entschieden werden, ob sie angeklagt werden.

USA kennen IS-Ziele

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US-Sicherheitsbehörden haben Erkenntnisse über Anschlagspläne des IS in Europa. Das berichtet CNN. Die Auswertung elektronischer Kommunikation soll auf mehrere Ziele hindeuten. IS-Mitglieder sollen sie in den letzten Monaten ausgewählt haben. Informationen, die nach den Brüsseler Anschlägen gefunden wurden, deuteten auf mehrere weitere Ziele hin.

Fahndungen im Gange

Drei der Attentäter, die sich am Flughafen und in einer U-Bahnstation in die Luft gesprengt hatten, sind identifiziert. Nach mindestens zwei weiteren Tätern, die auf Überwachungskameras zu sehen waren, wurde noch gefahndet.

Bei einer früheren Durchsuchung im Bezirk Schaerbeck hatte die Polizei nach den Anschlägen vom Dienstag mit mindestens 31 Toten und 300 Verletzten in einer Wohnung eine Bombenwerkstatt gefunden.

Medien: Attentat mit Sturmgewehren geplant

Bei den Brüsseler Anschlägen war laut unbestätigten Medienberichten ursprünglich auch ein Attentat mit Sturmgewehren geplant. Wie die öffentlichen Sender VRT und RTBF berichteten, wollten der inzwischen inhaftierte Terrorverdächtige Salah Abdeslam, der vergangene Woche bei einer Polizeirazzia erschossene Mohamed Belkaid sowie ein dritter Mann mit diesen Waffen um sich schiessen.

Vorbild seien die Pariser Terroranschläge gewesen, bei denen Killerkommandos in Restaurants und einer Konzerthalle um sich geschossen hatten, berichtete VRT am Donnerstag. Abdeslam wird vorgeworfen, die Pariser Anschlagsserie mit 130 Toten im November massgeblich vorbereitet zu haben.

Regierung unter Druck: Rücktrittsangebote

Nach den Terroranschlägen in Brüssel und möglichen Fahndungspannen gerät die belgische Regierung unter Druck. Zwei wichtige belgische Minister boten am Donnerstag ihren Rücktritt an: Innenminister Jan Jambon und Justizminister Koen Geens stellten ihre Ämter zur Verfügung, wie ihre Büros der Nachrichtenagentur Belga bestätigten. Premierminister Charles Michel lehnte die Rücktrittsgesuche aber ab.

Am Vortag war bekanntgeworden, dass die Türkei nach Angaben von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bereits im Juli 2015 warnte, einer der späteren Attentäter sei ein «ausländischer terroristischer Kämpfer». Es handelt sich um Ibrahim El Bakraoui, den die belgischen Behörden aber auf freiem Fuss liessen. Er hatte sich am Dienstag am Brüsseler Flughafen in die Luft gesprengt. Am Donnerstagabend wurde bekannt, dass El Bakraoui von der Türkei jedoch nicht nach Belgien, sondern in die Niederlande ausgewiesen worden war.

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Der niederländische Justizminister Ard van der Steur erklärte, El Bakraoui habe in den Niederlanden «nicht unter Verdacht» gestanden. Er konnte deshalb am Flughafen ungehindert einreisen und in seine Heimat Belgien zurückkehren.

Warnung Mitte Juli

Belgien sei von Ankara Mitte Juli nach der Landung des Manns im niederländischen Amsterdam «gewarnt» worden, sagte der belgische Justizminister Geens am Donnerstag. Allerdings sei die belgische Botschaft im Juni informiert worden, dass der Mann an der Grenze zu Syrien festgenommen worden sei. Geen räumte ein, dass die Umstände der Abschiebung noch nicht vollständig geklärt seien. Er werde sich zusammen mit dem Innen- und dem Aussenminister heute Freitag im belgischen Parlament erklären.

Innenminister Jambon sagte dem Sender VTM: «Ich habe den ganzen Abend und die Nacht über gearbeitet, um die Informationen der Türkei zu verstehen.» Er räumte ein: «Man kann sich in der Tat wichtige Fragen stellen, wenn es um einige Angelegenheiten und den Umgang damit in der Justiz geht – und auch bei der Polizei.»

«Durchhalten ist wichtiger»

Angesichts der «Kriegssituation» habe Michel den Rücktritt abgelehnt. Auch Geens sagte, der Ministerpräsident habe ihn «überzeugt, dass es wichtiger ist durchzuhalten». Jambon gehört den flämischen Nationalisten der N-VA an, Geens ist flämischer Christdemokrat.

Regierungschef Michel versprach, dass die Behörden mit aller Kraft an der Aufklärung der Anschläge arbeiten wollten. «Es kann keine Straflosigkeit geben, (...) es kann keine Grauzone geben», sagte er bei einer Gedenkzeremonie für die Opfer. «Wir werden vor der Barbarei nicht weichen.»

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