Zwei Polizeibeamte hinter dem Zaun zu Serbien
Legende: Hinter dem Zaun: ungarische Polizeibeamte an der Grenze zu Serbien. Keystone

International Ungarn verschärft Asylrecht drastisch

Ungarn hat das Asylverfahren auf 15 Tage verkürzt und kann Asylanträge neuerdings pauschal ohne eingehende Prüfung ablehnen. So will es die neue Gesetzgebung, die seit Samstag in Kraft ist. Nun sollen Flüchtlinge im Eilverfahren nach Serbien abgeschoben werden.

Der Zaun, den Ungarn derzeit an der Grenze zu Serbien baut, hat starke Reaktionen ausgelöst. Doch im Vergleich zu den Gesetzen, die in Ungarn jetzt gelten, ist der 170-Kilometer-Zaun ein niedliches Symbol. Denn ihn können Flüchtlinge untergraben, aufschneiden, übersteigen. Dem Gesetz entkommen sie nicht.

Eines macht Ungarn richtig: Wo die Behörden andernorts auch einfach mal wegschauen, wenn Migranten durchreisen, da registrieren die ungarischen Beamten jeden, der ihnen in die Arme läuft. Über 100'000 Asylanträge sind so allein in diesem Jahr zusammengekommen.

Urs Bruderer

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Portrait von Urs Bruderer

Der Journalist wirkt seit 2006 für SRF, zunächst als Produzent der Sendung «Echo der Zeit». 2009 wurde er EU-Korrespondent in Brüssel. Seit 2014 berichtet Bruderer aus Osteuropa. Er hat Philosophie und Geschichte studiert.

Neu würden die meisten dieser Asylanträge im Schnellverfahren geprüft – und abgewiesen, weil Ungarn Serbien neu als «sicheres Drittland» behandelt. Da fast alle Migranten über Serbien nach Ungarn kommen, könnten sie neu praktisch alle dorthin zurückgeschafft werden. Doch die Sache hat einen Haken: Serbien ist kein sicheres Drittland.

Von Polizisten geschlagen und bestohlen

Das sieht zum Beispiel das UNO-Flüchtlingskommissariat so. Es verweist auf das Asylwesen, das kaum funktioniert. Einen Asylantrag zu stellen, ist in Serbien sehr schwierig – Asyl zu bekommen, ist nahezu unmöglich. Letztes Jahr zum Beispiel erkannte Serbien exakt eine Person als Flüchtling an.

Statt Asylbeamte, erzählen viele Flüchtlinge, hätten sie in Serbien Polizisten und Grenzwächter getroffen, die sie nach Mazedonien zurückgetrieben, geschlagen und bestohlen hätten. NGO erzählen von überfüllten Flüchtlingslagern und Migranten, die in den Wäldern übernachten, auch im Winter. Die Ärzte von Médecins sans frontières haben vor Ort auch schon abgefrorene Glieder amputiert.

Verstoss gegen EU-Regeln?

Darum ist mit Klagen von Migranten zu rechnen, die von Ungarn nach Serbien zurückgeschickt werden. Manche Experten denken, dass die neuen ungarischen Gesetze die Menschenrechte und EU-Regeln verletzen. Es ist also möglich, dass die ungarische Regierung zum Beispiel vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zurückgepfiffen wird. Falls das aber nicht geschieht, könnte das ungarische Beispiel in Europa Schule machen.

Faktisch ist Serbien jetzt schon ein chaotischer Warteraum für Migranten, die es noch nicht weiter nordwestwärts geschafft haben. Bliebe Ungarn aber zu, und gingen auch andere Staaten zu Rückführungen von Flüchtlingen nach Serbien über, könnte das Chaos dort zur Hölle werden.

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