Unbesetzte Strandliegen vor einem Hotel in Scharm El Scheich
Legende: Der mutmassliche Anschlag hat Ägypten an seinem Lebensnerv getroffen: Dem Tourismus. Reuters

International Was bedeutet die Terrorangst für den Tourismus am Roten Meer?

Touristen werden zu Tausenden ausgeflogen, Airlines umfliegen die Region, die Medien berichten von Gotteskriegern im Nordsinai. Scharm el Scheich steht dieser Tage für Terror statt für Sonne, Strand und Meer. Ein Intermezzo, glaubt ein Hotelmanager vor Ort.

Revolution, Militärdiktatur, Ausgangssperren, Anschläge: Ägypten kommt seit Jahren nicht zur Ruhe. Davon ausgenommen war bis jetzt der Badeort Scharm el Scheich am Roten Meer. Er blieb trotz der Wirren im Land ein Touristenmagnet.

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Doch seit sich der Veracht erhärtet hat, dass vorletzten Samstag eine Bombe an Bord eines russischen Ferienfliegers explodiert ist, muss Scharm el Scheich um seine Zukunft fürchten. Bleiben die Touristen aus, wird es die Tauchlehrer, den Strassenhändler, die Hotels treffen.

Jacques Peter ist Hotelmanager der Luxushotelgruppe Savoy in Scharm el Scheich. Er schildert, wie sich die Situation kurzfristig entwickelt hat – und warum sich das Ferienland Ägypten wieder erholen wird.

SRF News: Wie viele Gäste haben sich in den letzten Tagen abgemeldet?

Bedrohter Lebensnerv

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Ägyptens ökonomische Entwicklung ist massgeblich von Touristen abhängig. Er macht mindestens elf Prozent des BIP aus, fast 2,9 Millionen Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt vom Tourismus abhängig – etwa jeder 9. Beschäftigte. Schon 2013 war die Besucherzahl eingebrochen: Es kamen 9,2 Millionen Menschen. 2010 waren es noch mehr als 14 Millionen.

Jacques Peter: Für die letzte Novemberwoche sind es bis jetzt rund 120. Das sind zumeist Leute, die stornieren mussten, weil keine Flüge mehr kommen.

Spüren Sie auch die anderen Touristen, die Angst haben und nicht mehr kommen wollen?

Nein. Die Leute, die von Oktober bis November und März bis April hier sind, kommen jedes Jahr. Sie haben schon alles gesehen; die Revolution, die schlechten Zeiten. Diese Gäste sind in den Hotels bekannt und sie wollen wieder zurückkommen.

Wenn sich der Verdacht erhärten sollte, dass eine Bombe das russische Flugzeug zum Absturz brachte: Muss man davon ausgehen, dass viele Touristen nicht mehr kommen werden?

Die Absturzursache ist jetzt nicht mehr das Problem. Die Situation ist schlecht, es ist einfach so. Wenn herauskommt, dass es eine Bombe war, wird das für die Leute keine Überraschung mehr sein. Natürlich werden wir jetzt wieder in eine Übergangsphase gehen müssen, in der der Tourismus runtergehen wird. Aber ich bin schon lange hier und habe drei grosse Zwischenfälle erlebt – die Bombenanschläge von 2005, die Revolution und jetzt eben den Flugabsturz. Ich kann sagen: Ägypten kommt immer wieder zurück.

Ist Ihr Hotel vorbereitet auf die harten Zeiten, die jetzt anbrechen werden?

Wir führen Buch und haben Erfahrungen von früher. Es werden Zimmer geschlossen, Angestellte in die Ferien geschickt, Restaurants geschlossen. Aber im Moment kommt es nicht in Frage, dass wir die Leute entlassen.

Das Gespräch führte Simon Leu.

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