Kreml-Angriff auf Viola Amherd Im Staatsfernsehen: die Schweiz im Visier russischer Propaganda

Der dreiste Angriff auf Viola Amherd in einer russischen Sendung zielt auf die Ukraine-Konferenz. Experten schätzen ein.

Darum geht es: Die Schweiz ist ins Visier der russischen Propaganda geraten. Im Vorfeld der Ukraine-Konferenz Mitte Juni auf dem Bürgenstock unternimmt der Kreml alles, um das Treffen zu torpedieren. Im russischen Fernsehen wird Bundespräsidentin Viola Amherd aufs Übelste beschimpft. Geldgierig sei sie, und nicht besonders attraktiv. Es sind Beleidigungen weit unter der Gürtellinie, die die Moderatorin einer Talksendung im Staatsfernsehen von sich gibt.

Die russische Propaganda: Diese grobe und diffamierende Tonalität gehöre zum staatlichen russischen Fernsehen und sei deshalb nicht wirklich erstaunlich, stellt SRF-Russland-Korrespondent Calum MacKenzie fest. Solche persönlichen Angriffe unter der Gürtellinie seien gängige Praxis. So werde Bundespräsidentin Viola Amherd als mächtige und einflussreiche Person dargestellt, die in der Schweiz die wichtigen Entscheide fälle. Dies stimme nicht mit der Realität des schweizerischen politischen Systems zusammen, zeige aber, wie die Menschen denken, wenn von einer «Präsidentin» die Rede sei. Gleichzeitig die Vorstellung, dass im Westen der Feminismus ausser Rand und Band geraten sei und das Geschehen von hinterlistigen und geldgierigen Frauen dominiert werde und Familienwerte und Moral nichts mehr gelten würden. All dies passe ins Schema der russischen TV-Propaganda.

Screenshot der Sendung.
Legende: Das VBS erklärte auf Anfrage, Bundespräsidentin Viola Amherd werde sich zur russischen Sendung nicht äussern, welche die «Sonntagszeitung» thematisiert hat. Das russische Video werde aber analysiert. Im Bild: ein Screenshot der Sendung mit Moderatorin Marina Butina. RTS/Perwy Kanal

Das Ziel des Angriffs: Mit der Tirade zielt das russische Staatsfernsehen ganz klar auf die Ukraine-Konfererenz, wie MacKenzie weiter darlegt: Russland versucht seit langem, die Legitimität dieses Gipfels zu untergraben, indem es betont, nicht dabei zu sein. Häufig wird dabei impliziert, nicht eingeladen worden zu sein. Stattdessen betonte der Kreml von Anfang an, nicht dabei zu sein. Man sei nicht bereit, über die von der Ukraine vorgeschlagenen Bedingungen zu diskutieren. An diesem Gipfel seien ohnehin nur Länder, die gegen Russland seien. Darunter auch die Schweiz, die ihre Neutralität aufgegeben habe, indem sie die EU-Sanktionen mittrage. Auch deshalb sei die Konferenz nicht ernstzunehmen.

Möglicher Einfluss auf die Konferenz: Es sei davon auszugehen, dass die russische Propaganda einen gewissen Einfluss auf den Gipfel habe, schätzt Fredy Gsteiger, Korrespondent für internationale Diplomatie SRF. Die Konferenz störe Russland offenbar doch sehr und werde vom Kreml ernstgenommen. Dieser versuche zu stören, mache Druck auf befreundete Länder, nicht teilzunehmen. Und laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski habe nun auch China in diese Taktik eingestimmt. Entsprechend tief seien auch die Erwartungen an die Konferenz. Der oft gebrauchte Begriff «Friedenskonferenz» sei eigentlich falsch. Und selbst unter dem offiziellen Titel «Konferenz über Frieden» werde wohl zu viel versprochen, schätzt Gsteiger. Es werde bestenfalls ein kleiner Schritt in Richtung Frieden werden.

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Newsplus, 03.06.2024, 16 Uhr ; 

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