Krieg in der Ukraine Neue Waffen aus den USA – aber nicht unbegrenzt

Nach einigem Zögern liefern die USA der Ukraine nun wesentlich mehr und vor allem potentere Waffen als bisher. Das kündigt Präsident Joe Biden in einem Gastbeitrag in der «New York Times» an. Er betont indes, die Ukraine verpflichte sich, mit den neuen Waffen keine Ziele in Russland anzugreifen.

Die geplanten zusätzlichen Waffenlieferungen sind Teil eines insgesamt 700 Millionen Dollar schweren Pakets. Das klingt nach gewaltigen Rüstungslieferungen. Angesichts der Preise für moderne Waffen relativiert sich allerdings diese Zahl. Von einer fast grenzenlosen Hochrüstung der Ukraine kann auch künftig keine Rede sein.

Präzisere und potentere Waffen

Im Zentrum stehen, so schreibt Präsident Joe Biden, Mehrfachraketenwerfer für Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von rund siebzig Kilometern. Die Ukraine soll darüber hinaus weitere Anti-Panzer-Raketen bekommen, Stinger-Fliegerabwehrraketen, präzise Artillerie, Radargeräte, Drohnen und Helikopter.

Ned Price, der Sprecher des Aussenministeriums, drückt es so aus: «Die USA und ihre europäischen Partner liefern das, was den geänderten Bedürfnissen der Ukraine aufgrund der aktuellen russischen Kriegsführung entspricht.»

Kiew bekommt nicht alles

Allerdings bekommt Kiew nicht alles, was die Regierung von Wolodimir Selenski verlangt hat: So liefern ihr die USA auch künftig keine Langstreckenraketen mit mehreren hundert Kilometern Reichweite, mit denen sich sogar Moskau beschiessen liesse. Auch für die Lieferung der Mittelstreckenraketen musste sich die ukrainische Führung verpflichten, sie keinesfalls gegen russische Ziele in Russland selber einzusetzen. 

Die amerikanische UNO-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield betont: «Die Ukraine erhält Waffen, um sich zu verteidigen, und zwar innerhalb ihrer Grenzen. Hingegen liefern wir ihr keine Waffen, mit denen sie russisches Territorium angreifen könnte.»

USA wollen keinen Krieg gegen Russland führen

Biden bekräftigt in seinem Zeitungsartikel, die USA wollten keinen Krieg gegen Russland führen, keine amerikanischen Truppen in die Ukraine schicken und sie würden Russland nicht angreifen, solange kein Nato-Mitgliedsland angegriffen werde. Am Ende dieses Krieges müsse eine diplomatische Lösung gefunden werden. Damit eine solche fair sei, müsse die Ukraine aber unterstützt werden, damit sie die Chance habe, ihre Verhandlungsposition zu stärken.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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Heute Morgen, 01.06.2022, 6 Uhr

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