Im Juni hat die Ukraine eine Gegenoffensive gestartet, um russisch besetze Gebiete zurückzuerobern. Seither sind die ukrainischen Truppen nur langsam vorangekommen – wenn überhaupt. Nun aber soll der Ukraine ein Durchbruch an einer Hauptfront im Süden gelungen sein. SRF-Auslandredaktor David Nauer erklärt den aktuellen Stand.
David Nauer
Ukraine- und Russland-Korrespondent
Durchbruch an der Surowikin-Linie – was heisst das?
Die Ukrainer haben die sogenannte Surowikin-Linie im Süden des Landes erreicht und an einer Stelle teilweise durchbrochen. Es gibt zahlreiche Meldungen, dass ukrainische Infanterie erste Teile dieser russischen Hauptverteidigungslinie erobert beziehungsweise Minenfelder und Panzersperren überwunden hat. Die Fusssoldaten stehen nun in Schützengräben direkt den Russen gegenüber. Die nach dem russischen General Sergej Surowikin benannte Linie ist ein riesiges, mehrere hundert Kilometer langes Verteidigungssystem mit ausgedehnten Minenfeldern, tiefen Gräben gegen Panzer und Panzersperren aus Betonelementen. Dahinter liegen die ausgebauten Abwehrstellungen der Russen.
Wie viele Truppen sind in diesem Gebiet?
Aussagen über die Truppenstärke in diesem Gebiet sind schwierig. Man weiss zwar, welche Einheiten von welcher Seite an den Gefechten beteiligt sind. Zu deren Zustand und Kampffähigkeit wie auch zur Höhe der Verluste der letzten Wochen ist nichts bekannt. Die massiven Lieferungen der USA vor allem von Streumunition helfen dabei den Ukrainern. Sie können grosse Flächen bombardieren und dann vorrücken. Die Russen ihrerseits haben Verstärkung an den Frontabschnitt geschickt und verteidigen ihre Stellungen, so wie es aussieht, verbissen.
Wie wichtig ist die Surowikin-Linie für den weiteren Kriegsverlauf?
Es fragt sich, ob es den Ukrainern gelingt, die Surowikin-Linie mit vielen Panzern breit zu durchbrechen. Wenn es so weit kommt und auch noch genügend frische Reservekräfte vorhanden sind, könnten sie mittelfristig wohl grosse Gebiete zurückerobern. Es ist aber weiterhin höchst ungewiss, ob das den Ukrainern gelingt. Zudem gibt es hinter der Surowikin-Linie noch weitere russische Verteidigungsanlagen, auch wenn diese nicht derart massiv sind wie die Hauptlinie.
