Österreichs Aussenminister Kurz gestikuliert während einer Rede im Wallis.(keystone)
Legende: Kurz auf das Schlepper-Drama in Österreich: «Der Flüchtlingskrise wird schon viel zu lange zugesehen.» Keystone

International Sebastian Kurz: «Warum passiert in der Flüchtlingskrise nichts?»

Samstag in Bagnes (VS): zu Gast am CVP-Parteitag ist Österreichs Aussenminister Kurz. Das Land ist seit Mitte der Woche in den Schlagzeilen. Nahe Wien wurde ein Kühllaster mit 71 toten Flüchtlingen entdeckt. Kurz fordert von Brüssel jetzt Tempo – und von der Schweiz wünscht er sich Kooperation.

Am Mittwoch wurden in einem Lkw in Österreich tote Flüchtlinge gefunden, von Schleppern dort parkiert – eine menschenverachtende Handlung sondergleichen. Wie reagiert der österreichische Aussenminister Sebastian Kurz auf dieses Flüchtlings-Drama?

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Im Interview mit der «Tagesschau» sagt er: «Es ist unfassbar, was passiert ist. Es zeigt wieder einmal wie brutal die Schlepper sind, wie sie das Leid dieser Menschen ausnutzen – ohne Rücksicht auf Menschenleben.» Der Flüchtlingskrise werde schon viel zu lange zugesehen, so Kurz weiter. Die europäischen Systeme – weder die Kontrolle der Aussengrenzen, noch der Kampf gegen die Schlepper, noch das Dublin-System funktioniere.

Kurz zeigt sich im Gespräch irritiert darüber, dass Europa noch immer keine Antwort auf die Krise gefunden hat. Er fordert ein alternatives System für das Dublin-Abkommen und ein gemeinsames europäisches Vorgehen. Der Aussenminister: «Es muss jetzt endlich mehr Tempo in Brüssel geben.»

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Autor: Sebastian Kurz Österreichischer Aussenminister

Auf die Frage, ob Dublin ausgedient habe sagt Kurz: «Dublin funktioniert teilweise aus Überforderung nicht, teilweise, weil es absichtlich gebrochen wird. So etwa werden in Griechenland die Flüchtlinge, die aus der Türkei kommen, gleich möglichst nahe an die mazedonische Grenze gebracht. Dort sollen sie nach Mitteleuropa durchgewunken werden.» Deshalb brauche es dringend eine bessere Verteilung innerhalb der EU.

Er selber schlägt zudem Alternativen zum bisherigen System vor: Etwa sollen in den Herkunftsländern selbst Asylanträge gestellt werden können. Die EU könnte dann «die Kriegsflüchtlinge auswählen» und nach Europa bringen. Doch für ein neues System brauche es eine Diskussion in der EU.

Es brauche zudem zahlreiche Massnahmen: in den Herkunftsländern, an den Grenzen, im Kampf gegen die Schlepper, bis hin zur besser Verteilung der Flüchtlinge in Europa.

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Von der Schweiz wünscht sich Kurz eine enge Zusammenarbeit mit der EU, denn die Schweiz sei genauso ein Zielland wie Deutschland, Österreich oder Schweden. Der österreichische Aussenminister: «Deshalb hat die Schweiz meiner Meinung nach ein Interesse an dieser Kooperation.»

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