Weltsynode in Rom Warum wurde die Frauenfrage in keiner Arbeitsgruppe diskutiert?

Eine Kirche für alle – das ist das Ziel von Papst Franziskus. Er hat die katholischen Gläubigen weltweit dazu aufgerufen, über die katholische Kirche nachzudenken. Dieser dreijährige Prozess neigt sich nun dem Ende zu. 368 Delegierte treffen sich diese Woche in Rom zur zweiten und letzten Sitzung der Weltsynode. Mit dabei sind nicht nur Bischöfe, sondern auch Laien und Frauen – das gab es so noch nie. Eine der 54 Frauen ist Helena Jeppesen-Spuhler.

Helena Jeppesen-Spuhler

Delegierte an der Weltsynode

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Die Schweizerin Jeppensen-Spuhler vertritt in der Synode die Weltregion Europa. Sie arbeitet für das Hilfswerk «Fastenaktion».

SRF News: Was ist das Ziel des synodalen Prozesses?

Helena Jeppesen-Spuhler: Dem Papst ist es ein Anliegen, dass die Kirche näher bei den Menschen ist. Er hat erkannt, dass die derzeitigen Strukturen nicht mehr zeitgemäss sind und dass ein weltweiter Dialog über Veränderungen angestossen werden muss.

Wie sieht Ihre Arbeit an der Weltsynode aus?

Vor drei Jahren begannen wir mit einer weltweiten Umfrage, die in einem Arbeitsdokument pro Land zusammengefasst wurde. Dies war die Grundlage für unsere Arbeit im letzten Jahr. Dieses Jahr haben wir die Themen vertieft. Wir sitzen in unserer Gruppe an einem runden Tischen. Und ungeachtet von der Hierarchie innerhalb der Kirche haben wir alle die gleiche Redezeit. Das unterscheidet sich von früheren Bischofssynoden.

Drei Personen beim Gespräch vor blauem Hintergrund.
Legende: Alle Delegierten der Weltsynode in Rom erhalten die gleiche Redezeit, erklärt Jeppesen-Spuhler (im Bild). Keystone/AP/DOMENICO STINELLIS (20.06.2023)

Heikle Themen wie der Pflichtzölibat oder die Rolle der Frau werden nicht im Plenum diskutiert, sondern wurden in Arbeitsgruppen ausgelagert. Warum ist das so?

Dies war eine Forderung der letztjährigen Synode, die der Meinung war, dass es Themen gibt, die vertieft werden müssen. Es wurde ein Antrag an den Papst gestellt, Kommissionen einzuberufen, in denen Menschen aus allen Regionen der Welt vertreten sind. Aus Rom wurde mitgeteilt, dass es zehn Arbeitsgruppen geben wird. Die meisten davon zu den Themen, die die Synode wollte. Aber es gibt ein Punkt, der zu Konflikten geführt hat.

Welcher?

Die Kommission Nummer fünf, die sich mit dem Zugang von Frauen zu den kirchlichen Weiheämtern beschäftigen sollte, war wohl gar keine richtige Arbeitsgruppe. Sie war direkt dem Dikasterium für Glaubenslehre unterstellt. Am ersten Tag der Synode haben wir die Zwischenberichte der Kommissionen bekommen und da wurde deutlich, dass es wohl nie eine richtige Arbeitsgruppe gegeben hat, sondern dass das genannte Dikasterium dieses Thema intransparent bearbeitete.

Ausgerechnet bei dieser Frage keine konkreten Pläne zu machen, ist wirklich ein Affront.

Es sind nicht mal die Namen der Personen bekannt, die an dieser angeblichen Arbeitsgruppe beteiligt sein sollen. Das führte bereits am ersten Tag der Synode zu einem Protest und der zuständige Kardinal kam in Erklärungsnot. Er schickte zwei Angestellte für eine Fragerunde, aus der wir jedoch keine wirkliche Auskunft auf unsere Fragen erhielten. Nun soll es am Donnerstag eine weitere Fragerunde geben.

War Papst Franziskus bei diesen Anhörungen auch dabei?

Ja, er war dabei, und das Thema wurde auch von mehreren Bischöfen direkt an den Papst herangetragen.

Wie interpretieren sie das, dass das Thema nicht in einer Arbeitsgruppe, sondern in einem Dikasterium im Vatikan diskutiert wurde?

Das ist ein grosser Affront! Es ist ein Mangel an Respekt gegenüber der Versammlung, die eine beratende Funktion für den Papst haben soll. Das war eine der wichtigsten Fragen, die sich aus der Befragung der Gläubigen ergeben hat, sie kam aus allen Kontinenten. Ausgerechnet bei dieser Frage keine konkreten Pläne zu machen, ist wirklich ein Affront.

Das Gespräch führte Simone Hulliger, Mitarbeit Géraldine Jäggi.

SRF 4 News, 23.10.2024, 06:40 Uhr ; 

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