Weltweit die Nummer 2 China ist jetzt auch Rüstungs-Grossmacht

Was seine Rüstungsindustrie betraf, war China bisher ein schwarzes Loch. In den Untersuchungen über die grössten Rüstungskonzerne und -exporte kam es praktisch nicht vor. Zu unsicher sei die Datenlage, hiess es beim Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri.

Nicht verblüffend, aber beeindruckend

Erstmals traut man sich nun eine verlässliche Quantifizierung zu. Die Sipri-Expertin für die Rüstungsindustrie, Aude Fleurant, sagt: «Es war überaus aufwendig, an gesicherte Daten zu gelangen, doch nun gibt es erstmals aussagekräftiges Material.»

Die Erkenntnisse daraus sind nicht völlig verblüffend, aber beeindruckend. Gleich drei chinesische Rüstungskonzerne gehören inzwischen zu den grössten zehn weltweit. Sie verkaufen zusammen Waffen für gut 49 Milliarden Dollar pro Jahr.

Dabei ist der Marinebereich, dem besondere Priorität eingeräumt wird, ausgeklammert, weil da die Faktenlage noch immer zu dünn ist. Vermutet wird, dass Chinas Kriegswerften ihre führenden US-Konkurrenten bereits überholt haben.

China hat sein Ziel weitgehend erreicht

Die grössten chinesischen Waffenschmieden sind US-Rüstungsgiganten wie Lockheed-Martin oder Boeing sowie der britischen BAE auf den Fersen und haben Anbieter wie Airbus oder die russische Nummer eins, Almaz-Antey, überholt. Allein der chinesische Luftfahrtkonzern Avic hat 460'000 Angestellte.

China hat damit sein selbstgesetztes Ziel, im Rüstungsbereich zum Selbstversorger und unabhängig von ausländischen Anbietern zu werden, weitgehend erreicht. Und zwar bei allen Waffengattungen und selbst bei technologisch hochentwickeltem Kriegsgerät.

Die nach dem Tiananmen-Massaker 1989 verhängten Waffenembargos der USA und der EU gegen China haben entsprechende Bestrebungen Pekings erst recht vorangetrieben. Entsprechend rückläufig, um 50 Prozent, sind die Rüstungsimporte, die vor allem aus Russland stammten.

Immer mehr kaufen chinesische Waffen

Der Aufstieg von Chinas Rüstungsriesen spiegelt die seit Jahren enormen Aufrüstungsanstrengungen im Reich der Mitte. Er zeigt zugleich, dass China auch als Rüstungsexporteur rapide an Terrain gewinnt. Es hat seine Rüstungsverkäufe vervielfacht und ist bei landgestützten Waffensystemen inzwischen der fünftgrösste Anbieter im internationalen Markt. Immer mehr Länder kaufen chinesische Waffen, zumal sie deutlich billiger sind als westliche, jedoch gar nicht oder nur geringfügig weniger potent.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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