Geheimdienstaffäre Cryptoleaks Kryptotechnik – ein Schweizer Exportschlager

Zahlen des Bundes zeigen: Auch nach der Jahrtausendwende wurden mit Kryptotechnik hunderte Millionen Franken umgesetzt.

SRF-Recherchen in Zusammenarbeit mit ZDF und «Washington Post» zeigten Anfang Woche: Mutmasslich bis 2018 wurde die Firma Crypto AG von der CIA dazu genutzt, ausländische Staaten über manipulierte Chiffriergeräte abzuhören.

Es ist naheliegend, dass es sich dabei grossmehrheitlich um Exporte der Firma Crypto AG handelt. Die Firma hatte in der Schweiz in diesem Zeitraum mit einer Ausnahme, der inzwischen liquidierten Omnisec AG, kaum namhafte Konkurrenten.

Irak-Deal gescheitert

Besonders auffällig: Im Jahr 2016 wurde ein besonders lukrativer Auftrag bewilligt. Es war ein Millionen-Export in den Irak. Damals ging es um die Lieferung von abhörsicheren Telefonen an ein «ziviles irakisches Ministerium», wie ein Seco-Mitarbeiter verlauten liess.

Cryptoleaks kurz erklärt

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  • Über Jahrzehnte wurden über hundert Staaten von CIA und BND ausspioniert.
  • Hunderttausende geheime Nachrichten zwischen Regierungsstellen, Behörden, Botschaften oder militärischen Stellen wurden systematisch abgefangen.
  • Wie war das möglich? Die über 100 Regierungen kauften Verschlüsselungsgeräte der ehemaligen Zuger Firma Crypto AG.
  • Diese Chiffriergeräte waren so manipuliert, dass die beiden Geheimdienste alles abhören konnten.
  • Denn: Neu geleakte Geheimdienst-Dossiers belegen, dass die Crypto AG 1970 von der CIA und dem BND gekauft worden war – verschleiert über eine Stiftung in Liechtenstein. Das zeigen Recherchen der «Rundschau», dem ZDF und der «Washington Post».
  • Mit Hilfe der abgehörten, vermeintlich verschlüsselten Kommunikation etlicher Staaten wurde die Weltpolitik beeinflusst, so z.B. die Camp-David-Verhandlungen 1979.
  • Aufgrund der Recherchen leitete der Bundesrat nun eine Untersuchung ein.
  • Das Wirtschaftsdepartement sistierte die Generalausfuhrbewilligung für Crypto-Geräte.

Ob es sich dabei um Produkte der Firma Crypto AG handelte, will das Seco heute auf Anfrage nicht beantworten. Man könne zu einzelnen Firmen keine Auskunft erteilen. So oder so sei das Irak-Geschäft laut Antragssteller nie zustande gekommen. Das Geschäft taucht in der Statistik auf, weil das Seco nur Zahlen zu den bewilligten Aufträgen veröffentlicht, zu den tatsächlich verkauften gibt es keine.

Unter den Top-Abnehmern der Technologie finden sich darüber hinaus Länder wie Venezuela, Libyen und Algerien – nicht unbedingt Staaten, die in einem guten Verhältnis zu den USA und deren Geheimdienst CIA stehen.

Bei den Kryptotechnik-Exporten handelt es sich um sogenannte «Dual-Use-Güter» – also um Güter, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können. Zusammen mit den «besonderen militärischen Gütern» – beispielsweise Trainingsflugzeugen, Funksystemen oder Tarnmaterial – werden jene im Güterkontrollgesetz (GKG) reguliert. Das Seco ist zuständig für die Ausfuhrkontrolle.

Rundschau, 12.2.2020, 20.05 Uhr

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