Kampf gegen Corona-Pandemie Impfstoff von Astra-Zeneca: Kommt die Zulassung zu spät?

Bald dürften die Hürden für die Zulassung des Impfstoffs von Astra-Zeneca in der Schweiz aus dem Weg geräumt sein: Neue Studien belegen nämlich eine gute Wirksamkeit – auch bei Älteren. Doch bis es soweit ist, könnte es ihn womöglich gar nicht mehr brauchen.

Impfstoffe sind rar, viele warten auf die Spritze mit dem immunisierenden Wirkstoff. Der Bund hat bisher Verträge mit fünf Impfstoffherstellern abgeschlossen und sich folgende Anzahl Impfdosen vertraglich gesichert:

  • Pfizer/Biontech: 3 Millionen Impfdosen
  • Moderna: 13.5 Millionen Impfdosen
  • Astra-Zeneca: 5.3 Millionen Impfdosen
  • Curevac: 5 Millionen Impfdosen
  • Novavax: 6 Millionen Impfdosen

Von diesen fünf Herstellern sind bisher jedoch nur die beiden ersten zugelassen. Geliefert wird erst, wenn die Zulassung durch Swissmedic erfolgt ist.

Von Oxford entwickelt, von Swissmedic ausgebremst

Der Impfstoff von Astra-Zeneca, der von der Universität Oxfort entwickelt wurde, ist bisher in der Schweiz nicht zugelassen – im Gegensatz zur EU wie auch zu Grossbritannien.

Swissmedic begründet dies gegenüber SRF wie folgt: «Bei den bisher in der Schweiz zugelassenen Covid-19-Impfstoffen standen Swissmedic aussagekräftige Ergebnisse grosser klinischer Studien zur Verfügung. Bei Astra-Zeneca ist dies bisher anders: Swissmedic wie auch die US-amerikanische FDA können im Moment gestützt auf die vorliegenden Daten die Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität nicht abschliessend beurteilen.»

SVP-Politikerin fragt: Was kann Swissmedic besser?

SVP-Gesundheitspolitikerin Verena Herzog goutiert dies nicht. Für sie ist klar, dass weitere Impfstoffe dringend nötig sind. «Die Sicherheit des Impfstoffes ist zweifellos wichtig. Aber wenn in Grossbritannien 6.5 Millionen Menschen damit geimpft wurden und man sehr gute Erfahrungen gemacht hat, dann Frage ich mich, was kann denn Swissmedic besser?»

Wenn in Grossbritannien 6.5 Millionen Menschen damit geimpft wurden und man sehr gute Erfahrungen gemacht hat, dann Frage ich mich, was kann denn Swissmedic besser?»
Autor: Verena Herzog Nationalrätin SVP

Der Präsident der eidgenössischen Kommission für Impffragen, der Infektiologie-Professor Christoph Berger, kann diese Forderungen verstehen. Bis jetzt haben jedoch Studien zur Wirksamkeit des Impfstoffs von Astra-Zeneca für Ältere gefehlt. Neue Studien scheinen diese Wirksamkeit jedoch inzwischen zu belegen.

«Neue Studien zeigen eine hohe Wirksamkeit»

Berger: «Die neuen Studien zeigen eine 80-prozentige Reduktion der Hospitalisationen bei geimpften Patienten mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff. Und sie zeigen in England eine 60-prozentige Reduktion der symptomatischen Infektionen nach einer Dosis. Diese Daten sind sehr gut, sie müssen einfach noch – wie üblich – wissenschaftlich überprüft werden.» Dies dauere in der Regel drei bis vier Wochen.

Die neuen Studien zeigen eine 80-prozentige Reduktion der Hospitalisationen bei geimpften Patienten mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff. Und sie zeigen in England eine 60-prozentige Reduktion der symptomatischen Infektionen nach einer Dosis.
Autor: Christoph Berger Präsident der eidgenössischen Kommission für Impffragen

Kann man davon ausgehen, dass in wenigen Wochen allenfalls schon die Zulassung des Impfstoffs von Astra-Zeneca erfolgt? Berger tönt positiv: «Die wissenschaftliche Überprüfung der neuen Studien erfolgt durch die medizinische Fachzeitschrift, wo das nachher publiziert wird. Unter Umständen gibt es nachher noch Anpassungen. Das sind dann sicher sehr wichtige Dokumente für die Zulassungsbehörden.» Die Entscheidung über eine Zulassung wird aber Swissmedic fällen.

Bisherige Impfstoffe «unschlagbar»

Berger betont: Nach wie vor seien aber die beiden in der Schweiz bereits zugelassenen mRNA-Impfstoffe demjenigen von Astra-Zeneca überlegen: «Die mRNA-Impfstoffe zeigen eine Wirksamkeit von über 90 Prozent nach zwei Impfungen, und die sind sozusagen unschlagbar», sagt der Präsident der eigenössischen Kommission für Impffragen.

Er geht davon aus, dass bis im Mai genügend Impfstoffe der bisher zugelassenen Impfstoffe in der Schweiz vorhanden sein werden. Ob es dann den Impfstoff von Astra-Zeneca noch braucht, ist also zumindest fraglich.

Quellen: Nature- Florian Krammer; NYT; FDAhttps://www.nature.com/articles/s41586-020-2798-3https://www.nytimes.com/interactive/2020/04/30/opinion/corona-virus-covid-vaccine.htmlhttps://de.wikipedia.org/wiki/Klinische_Studie?veaction=edit&section=6 Der Impfstoff-Sprint Es dauert meist viele Jahre, einen Impfstoff zu entwickeln. Die Corona-Pandemie zwingt Unternehmen, Institute und Behörden zu neuen Wegen. COVID-19Impfstoff Normales Verfahren Beschleunigtes Verfahren Produktion Zulassung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Jahre Jahre Mit Risiko auf Nichtzulassung Phase III nach frühzeitigen Zwischen-analysen In rollendem Prozess Basierend auf existierenden Prozessen von SARS- und MERS Design Entwicklung 15 Jahre oder mehr Produktion mehrere Jahre Klinische Tests Verträglichkeitstests (~20-80 Personen) Phase I 1 – 2 Jahre Design Präklinische Experimente und Design eines möglichen Impfstoffes mehrere Jahre 10 – 18 Monate Klinische Tests I II III Entwicklung Entwicklung des Produktionsprozesses und toxikologische Studien (Tierversuche) 2 – 4 Jahre Zulassung 1 – 2 Jahre Lizenzierungdurch Behörden Phase II 2 Jahre Klinische Tests Überprüfung Konzept, Bestimmung der Dosis(~50-200 Personen) Klinische Tests Phase III 2 – 3 Jahre Wirksamkeitsnachweis Marktzulassung der Therapie(~1000+ Personen)

Tagesschau vom 06.03.2021, 19.30 Uhr

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