Maskenpflicht im ÖV Der Bundesrat spricht ein Machtwort

Erst wollte die Landesregierung die Kantone entscheiden lassen. Jetzt kommt die Maskenpflicht schweizweit ab 6. Juli.

137 neue Ansteckungen innerhalb eines Tages: Just, als sich der Bundesrat zu seiner letzten regulären Sitzung vor der Sommerpause traf, vermeldete das BAG einen weiteren markanten Anstieg der Coronafälle in der Schweiz.

Auch als Reaktion auf diesen besorgniserregenden Trend entschied die Landesregierung nun: Ab dem 6. Juli gilt Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr. Man käme damit auch dem Wunsch der ÖV-Betreiber nach, sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga vor den Medien in Bern.

Eine Maskenpflicht sei ein Grundpfeiler der Prävention in Coronazeiten, so Sommaruga weiter. Der Bundesrat überlässt den Entscheid damit nicht mehr den Kantonen, wie es seit der Aufhebung der «ausserordentlichen Lage» angedacht war. «Manchmal genügen lokale Massnahmen nicht.»

Die richtige Balance finden

Gesundheitsminister Alain Berset ergänzte, dass viele europäische Länder bereits eine Maskenpflicht im ÖV kennen würden. Vor dem Beginn der Feriensaison sei diese umso bedeutsamer. Und: «Je früher man die Pflicht erlässt, umso besser lässt sich eine zweite Welle vermeiden.» Auch sei ein kantonaler Flickenteppich unerwünscht.

Seit der Bundesrat die letzten Lockerungsschritte der Corona-Massnahmen eingeleitet hat, sind die Fallzahlen nicht ganz unerwartet wieder angestiegen. Gehäufte Ansteckungen in Clubs sorgten für Schlagzeilen wie auch «importierte» Corona-Fälle infolge der Grenzöffnungen. Zu diesen Entwicklungen sagte Sommaruga: «Wir haben in den letzten Tagen gesehen, wie schnell sich das Virus wieder ausbreiten kann.»

Schuldenabbau ohne Steuererhöhungen

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Die Coronakrise könnte ein Loch von bis zu 35 Milliarden Franken in die Bundeskasse reissen. Finanzminister Ueli Maurer zeigte sich jedoch zuversichtlich: «Wir werden mit einem blauen Auge davonkommen», sagte er vor den Bundeshausmedien.

Konkrete Entscheide, wie das Milliarden-Loch gestopft werden soll, fällte der Bundesrat an seiner Sitzung nicht. Das soll Ende Jahr geschehen. Erst dann wisse man, wie hoch die Schulden wirklich seien, sagte Maurer.

Nach seinen Angaben gibt es noch kein Programm für den Schuldenabbau. Der Bundesrat legte sich jedoch auf wichtige Grundsätze fest: «Er möchte die Schulden tilgen ohne eine Steuererhöhung», sagte Maurer. Auch auf drastische Sparpakete wolle er verzichten.

Es müsse nun eine neue Balance gefunden werden – zwischen Bund und Kantonen und auch zwischen Vorschriften und Selbstverantwortung, so Sommaruga: «Das Coronavirus ist nicht verschwunden. Wir dürfen nicht überreagieren – aber auch nicht zu lange zuwarten. Deswegen hat der Bundesrat heute gehandelt.»

Quarantänepflicht für Reisende

Zudem soll künftig für Reisende aus Risikogebieten eine Quarantänepflicht gelten, wenn sie in die Schweiz zurückkehren. «Seit Mitte Juni sind Personen eingereist, die infiziert waren und das Virus verbreitet haben», begründete Berset den Entscheid.

Dieses Phänomen drohe in der Ferienzeit verstärkt aufzutreten. Eine entsprechende Liste mit Risikoländern werde derzeit ausgearbeitet – als mögliche Kandidaten nannte der Bundesrat Serbien, Kosovo oder Schweden. Mit der Massnahme solle eine ungebremste Ausbreitung des Virus verhindert werden, ergänzte Sommaruga.

Bund unterstützt Selbständige doch weiter

Schliesslich können direkt oder indirekt von der Coronakrise betroffene Selbständigerwerbende nun doch länger Erwerbsausfallentschädigung beziehen. Der Bundesrat verlängert die Hilfe bis Mitte September.

Zunächst hatte er die Hilfe ab Anfang Juni gestoppt. Dieser Entscheid stiess bei verschiedenen Akteuren auf Kritik. Nun sollen Selbständigerwerbende länger entschädigt werden, falls sie von den Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie besonders betroffen sind. «In gewissen Branchen ist es nach wie vor schwierig», anerkannte Wirtschaftsminister Guy Parmelin.

Berset schloss mit einem Appell an die Bevölkerung: «Halten Sie sich weiter an die Abstands- und Hygieneregeln, registrieren Sie sich in Bars und Clubs – und befolgen Sie die Maskenpflicht im ÖV.» Nur so könne die Krise bewältigt werden.

Quelle: Bundesrat, 01.07.20 Corona-Fahrplan des Bundes Ab 20. Juli Einreise aus mehreren Nicht-Schengen-Staaten voraussichtlich wieder erlaubt, darunter Kanada und Australien Weiterhin gilt Das Abstandhalten und die Hygienemassnahmen müssen nach wie vor eingehalten werden. Alle Betriebe brauchen ein Schutzkonzept.Zentral ist auch die Rückverfolgbarkeit. Seit 20. Juni Keine Obergrenze bei Demonstrationen (bisher 300 Personen)Neu: Maskenpflicht Seit 15. Juni Wegfall der Grenzkontrollen gegenüber Deutschland, Frankreich und Österreich Seit 22. Juni Treffen von mehr als 30Personen im öffentlichenRaum wieder erlaubt Sperrstunde für Gastro-nomie und Nachtclubsaufgehoben Mindestabstandvon 2 auf 1.5Meter reduziert Veranstaltungenmit bis zu 1000Personen möglich Keine Sitzpflichtin Gastrobetrieben Präventionsmassnahmen auf Baustellen und in der Industrie aufgehoben Schutzvorgaben von be-sonders gefährdetenPersonen entfallen Homeoffice-empfehlung auf-gehoben Sportwettkämpfe mitengem Körperkontaktwieder erlaubt Ab 6. Juli Maskenpflicht im ÖV 10-tägige Quarantänepflicht für Einreisende aus Risikogebieten

SRF 1, 01.07.2020, 15 Uhr ; 

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