Massnahmen für Bundeshaushalt Rechts sieht «Effizienz», Links besorgt um «soziale Schweiz»

Eine Expertengruppe ortet fünf Milliarden Sparpotenzial im Bundeshaushalt. So reagieren die Parteien.

Verzicht auf Bundesgelder für Kitas, Streichung von «Bagatellsubventionen», Kürzung von nicht dringlichen Ausgaben: Diese und weitere Massnahmen hat eine Expertengruppe dem Bundesrat vorgeschlagen , um den Bundeshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

SVP will weiter gehen

Die SVP begrüsst die Vorschläge der Expertengruppe. Sie sieht aber noch viel mehr Sparpotenzial – im Asylbereich, bei der Entwicklungshilfe, bei Kultursubventionen «und den Luxuslöhnen der Bundesverwaltung.»

Die Bundesausgaben hätten sich seit dem Jahr 2000 fast verdoppelt, schrieb die Partei in einer Mitteilung. Der Staat werde auch immer teurer: Er habe die Bürgerinnen und Bürger auf Bundesebene pro Kopf im Jahr 2000 rund 6500 Franken gekostet. Jetzt seien es schon rund 9500 Franken.

FDP lobt Expertenbericht

Die FDP begrüsst den vorgestellten Expertenbericht zur Analyse der Bundesfinanzen. Der Bericht bestätige «viele zentrale Forderungen unserer Partei», so die Partei in einer Mitteilung. Die Expertengruppe habe aufgezeigt, dass es zahlreiche Subventionen gebe, welche problemlos gestrichen werden könnten.

Auch hielten die Autorinnen und Autoren fest, dass die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen neu zu regeln sei. Die FDP begrüsse auch «die Stossrichtung der Hauptvariante der Gruppe Gaillard» zur Verbesserung der Bundesfinanzen: «Ja zur Effizienz, Ja zur Armee, Nein zu neuen Steuern».

Mitte will auch Einnahme prüfen

Die Mitte-Partei kritisiert, dass der Bericht einzig auf die Aufgabenseite fokussiert ist. Der Auftrag des Bundesrats habe aber gelautet, auch die Einnahmenseite zu überprüften.

Die Landesregierung müsse das in einem ausgewogeneren Vorschlag für die Vernehmlassung korrigieren, oder ihren Auftrag nochmals erteilen.

GLP sagt «Ja, aber»

Für die GLP gehen die Sparvorschläge der Expertengruppe «in die richtige Richtung». Es sei gut, dass die Gruppe «eine breite Palette an Sparvorschlägen mache», schrieb die Partei.

Sechs Personen sitzen bei einer Pressekonferenz an einem Tisch.
Legende: Die Expertengruppe um Serge Gaillard, ehemaliger Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, stellt in Bern ihren Bericht zum Bundeshaushalt vor. (5. September 2024) KEYSTONE/Anthony Anex

Den Fokus auf die Ausgabenminderung zu legen, sei richtig. Die GLP fordert aber auch zu prüfen, ob die Schuldenbremse nicht flexibler ausgestaltet werden müsste.

Für SP «Frontalangriff auf soziale Schweiz»

Von einem «Frontalangriff auf die soziale Schweiz» sprach die SP. Die Expertengruppe habe falsche Prioritäten gesetzt und blende wichtige Fakten aus. Die Sparvorschläge würden die Schweiz in Sachen Klimaschutz, Gleichstellung und Kaufkraft «um Jahre zurückwerfen», so SP-Co-Präsident Cédric Wermuth laut einer Mitteilung.

Cedric Wermuth
Legende: Cedric Wermuth kritisiert die Vorschläge der Exptertengruppe. Keystone/PETER KLAUNZER

In einem «Zukunftspapier» schlägt die SP Schweiz einen «Verzicht auf ineffiziente und ungerechte Steuerabzugsmöglichkeiten» sowie eine «Korrektur der übermässigen Steuergeschenke der neoliberalen Ära» vor. Dazu verlangt die SP «pragmatische Solidarbeiträge der Kapitalseite» und die «Beseitigung der legalen Steuerkriminalität (Bankgeheimnis).»

Kritik auch von Arbeitnehmenden

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Der Dachverband der Arbeitnehmenden der Schweiz Travail Suisse teilte mit, er lehne die «radikalen Sparmassnahmen des Bundes entschieden ab». Rein ausgabenseitige Sparmassnahmen seien «absolut untragbar und schädlich für die ganze Bevölkerung».

Es brauche «eine Finanzpolitik nicht gegen, sondern für die Bevölkerung», teilte auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB mit. Kürzungen bei der sozialen Sicherheit kämen nicht infrage; die Schuldenbremse des Bundes werde falsch umgesetzt.

Für Grüne ein «Gefälligkeitsbericht»

Statt mit einem «Gefälligkeitsbericht (...) ein massives Abbauprogramm zu legitimieren», sollten die Bürgerlichen besser «ihre finanzpolitischen Fehlentscheide korrigieren». Aus dem Ruder gebracht hätte den Haushalt unter die «planlose und übertriebene Erhöhung des Armeebudgets».

Auch die Bevorzugung der Kantone bei der OECD-Steuerreform erweise sich jetzt als Fehler der bürgerlichen und bundesrätlichen Finanzpolitik. Diese Entscheide seien jetzt rückgängig zu machen.

Kantone gegen vorschnelle Abschiebung von Lasten

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Deckenmosaik mit Engeln und lateinischem Text 'Unus pro omnibus, omnes pro uno'.
Legende: Der Bund soll laut Bericht auf Beiträge und Leistungen verzichten, die im Zuständigkeitsbereich der Kantone sind. KEYSTONE/Peter Klaunzer

Die Konferenz der Kantonsregierungen anerkennt, dass der Bund etwas tun muss für die Verbesserung seines Finanzhaushalts. Sie ruft aber dazu auf, nicht vorschnell Lastenverschiebungen vom Bund zu den Kantonen vorzunehmen. Solche Lastenverschiebungen vom Bund zu den Kantonen seien keine echten Sparmassnahmen und «werden von den Kantonen im Grundsatz abgelehnt respektive kritisch hinterfragt», schreibt die Konferenz der Kantonsregierungen in einer Mitteilung.

Das vom Bundesrat und den Kantonsregierungen lancierte Projekt «Entflechtung 27» dürfe nicht durch unilaterale Sparmassnahmen des Bundes in gemeinsam finanzierten Aufgabenbereichen gefährdet werden. Mit diesem erst im Juni lancierten Projekt würden Kantone und Bund den finanziellen Handlungsspielraum beider Staatsebenen erhöhen und den Föderalismus stärken. Klare Zuständigkeiten steigerten auf Ebene des Bundes und der Kantone die Effizienz.

Auch sei es falsch zu glauben, dass es den Kantonen im Gegensatz zum Bund finanzpolitisch deutlich besser gehe und sie deshalb Lasten des Bundes übernehmen sollten. Während gewisse Kantone Überschüsse auswiesen, kämpften andere mit Defiziten und planten ebenfalls Entlastungsmassnahmen.

SRF 4 News, 05.09.2024, 14 Uhr ; 

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