Nur mit Zertifikat in eine Bar Das sagen Gewerbe und Gewerkschaften zur Zertifikatspflicht

Die Reaktionen für eine Einführung der Zertifikatspflicht gehen auch innerhalb von Interessensgruppen auseinander.

Wer in ein Restaurant geht, einen Film in einem Kino schaut oder ein Theater besucht muss künftig möglicherweise ein Zertifikat vorweisen. So wird belegt, dass eine Coronaimpfung, eine Genesung oder ein negativer Coronatest vorliegt.

Angesichts der stark steigenden Fallzahlen auch in den Spitälern stellt der Bundesrat diese Ausweitung der Zertifikatspflicht nun zur Diskussion. Doch der Widerstand ist gross. Da ist zum Beispiel Hans-Ulrich Bigler, der Direktor des Gewerbeverbandes.

Bigler mit Stirnrunzeln an einer Pressekonferenz. Er trägt eine Brille und hat seichtes blond-weisses Haar.
Legende: Bigler (Schweizerischer Gewerbeverband) beurteilt diese Ausweitung skeptisch. Keystone/Archiv

Er kämpft seit jeher gegen mögliche Restriktionen und äussert sich auch jetzt zum Vorschlag des Bundesrates einer Zertifikatspflicht etwa für Restaurants, Kinos, Theater oder auch Zoos. Er sagt: «Wir beurteilen diese Ausweitung skeptisch. Wir stellen uns insbesondere die Frage der Verhältnismässigkeit.»

Spaltet die Zertifikatspflicht die Gesellschaft?

Als übertrieben und sogar äusserst problematisch beurteilt auch der Chef des Gastroverbandes, Casimir Platzer, den bundesrätlichen Vorschlag: «Eine Ausweitung des Covid-Zertifikats würde zu einer Spaltung der Gesellschaft führen» – also zu einer Spaltung zwischen Geimpften und Ungeimpften.

Platzer bei einer Pressekonferenz, er hat blond-graues Haar und ein rundes Gesicht.
Legende: Platzer (Gastronomie Suisse) befürchtet eine Spaltung der Gesellschaft. Keystone/Archiv

Luca Ciriliagno vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund ergänzt kritisch aus Sicht der Arbeitnehmenden: «Wir sind natürlich skeptisch, wenn jetzt Arbeitnehmende zum Beispiel im Gastrobereich auch noch Zertifikate kontrollieren müssen.»

Die Kontrolle dieser Zertifikate muss wirklich bei Bund und Behörden liegen und nicht bei den Arbeitnehmenden.
Autor: Luca Ciriliagno Gewerkschaftsbund

Weiter sagt Ciriliagno: «Das sind für uns hoheitliche Aufgaben. Wenn der Bund das einführen will, dann muss die Kontrolle dieser Zertifikate wirklich auch bei Bund und Behörden liegen und nicht bei den Arbeitnehmenden.»

Es gibt auch Voten, die den Entscheid begrüssen

Doch gibt es auch andere Stimmen zur geplanten Ausweitung der Zertifikatspflicht. So sagte etwa der eigentliche Verbündete der Gewerkschaften, der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth: «Es ist natürlich keine Massnahme, die sehr sympathisch ist. Wir müssen aber schon sehen, dass die Zahlen steigen. Wenn das notwendig ist, um Lockdowns – also Einschränkungen für alle – zu verhindern, dann können wir das verstehen und auch mittragen.»

Wermuth im Parlament am Mikrofon
Legende: Für Wermuth (SP) ist es keine sympathische Massnahme, aber eine notwendige. Keystone/Archiv

Für einmal weiss Wermuth auch den Dachverband der Wirtschaft Economieuisse auf seiner Seite. So betont Rudolf Minsch, Vorsitzender der Geschäftsleitung: «Wir haben Verständnis für diese Massnahme. Wir haben derzeit effektiv eine schwierige Situation, in der die Spitäler drohen, wieder überlastet zu werden.»

Minsch mit Brille und braun-weissen Haaren
Legende: Minsch (Economieuisse) hat wegen der Intensivbetten Verständnis für eine Zertifikatspflicht. Keystone/Archiv

Der Graben geht also quer durch die politische und wirtschaftliche Landschaft. Der Bundesrat hat im Übrigen betont, dass sich eine Zertifikatspflicht möglicherweise noch als alternativlos erweisen könnte, damit die Spitäler nicht überlastet werden.

HeuteMorgen, 26.08.2021, 06:00 Uhr

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