Pionierprojekt Bindungshaus in Basel soll jungen Eltern mit Problemen Halt geben

Das erste Jahr mit einem Neugeborenen ist eine Herausforderung. Im Bindungshaus sollen Eltern unterstützt werden.

Eingerahmt von jungen Feigenbäumen in einer ruhigen Altstadtstrasse liegt das Bindungshaus: ein weisses Gebäude aus dem Jahr 1937 mit hellblauen Läden. Lange Jahre diente der Bau als Schulhaus des Basler Stadtteils Kleinhüningen. Jetzt ist es ein Rückzugsort, ein sicherer Fleck Erde für junge Eltern – für Mütter und Väter mit Kindern im ersten Lebensjahr. Ein Projekt, das in dieser Form schweizweit einzigartig ist.

Zuerst lernten Kinder, jetzt lernen Eltern

Junge Mütter, die nach der Geburt eine Erschöpfungsdepression entwickeln oder sich überfordert fühlen: Ihnen wird hier geholfen, erklärt die Geschäftsführerin des Bindungshauses Bettina Meyer Merkelbach. «Oft sind junge Mütter zu Beginn auf sich allein gestellt und deshalb sehr überfordert. Da wollen wir Hand bieten.» Das Bindungshaus ähnle einer Tagesstruktur für frische Eltern.

Oft sind junge Mütter zu Beginn auf sich allein gestellt und deshalb sehr überfordert. Da wollen wir Hand bieten.
Autor: Bettina Meyer Merkelbach Geschäftsleiterin des Bindungshauses

Sich im Bindungshaus mit anderen austauschen zu können, mit anderen Eltern in einer ähnlichen Situation in Kontakt zu treten, könne helfen, ist Meyer Merkelbach überzeugt.

Dass es vielen frischgebackenen Eltern an Halt und Sicherheit fehle, beobachte sie vermehrt, sagt Mitinitiatorin und Hebamme Sandra Aeby. «Viele Leute halten erst dann ein Baby im Arm, wenn sie selbst Eltern werden. Früher war das anders. Es ist viel Wissen ist verloren gegangen.» Im Bindungshaus wolle man an das Prinzip der Grossfamilie anknüpfen.

Viele Leute halten erst dann ein Baby im Arm, wenn sie selbst Eltern werden.
Autor: Sandra Aeby Hebamme

Das Bindungshaus soll frischgebackene Eltern aus ihrer Isolation holen, Eltern im ersten Lebensjahr ihres Kindes begleiten – bei Fragen, Krisen, Unsicherheiten und Erschöpfung. In den alten Schulhausräumen finden diverse Therapien statt – von Babymassagen über Stillberatungen und Hilfe bei Notfällen ist alles mit dabei. Durchgehend sind Fachpersonen im Haus anwesend.

Bindungshaus ist kein Geburtshaus

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Im Bindungshaus suchen Eltern Hilfe, deren Kind bereits auf der Welt ist. Sie können kommen, bis ihr Kind ein Jahr alt ist. Anders das Geburtshaus; da gehen werdende Eltern hin. Das Kind kommt im Geburtshaus zur Welt und die Eltern gehen danach zusammen mit dem Kind wieder nach Hause. Merken sie dann, dass sie überfordert sind, können sie sich ans Bindungshaus wenden.

Fixe Kosten für das Angebot habe man bewusst nicht gesetzt, so Meyer Merkelbach: «Dieser Ort muss für alle offen sein. So zahlen die Familien abhängig von ihrem Lohn». Einen Tag im Bindungshaus kostet somit zwischen 30 und 300 Franken, ein Mittagessen, ebenfalls inklusive Beratungen und mehr, zwischen 5 und 50 Franken.

Das Pionier-Projekt im alten Schulhaus ist auf drei Jahre beschränkt und wird von diversen Stiftungen getragen.

Regionaljournal Basel, 07.09.2022, 12:03 Uhr; ; 

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