Schilf-Glasflügelzikade Kleines Insekt sorgt für Ernteausfälle

In der Schweiz sind es Ertragseinbussen von bis zu 30 Prozent. Die Sorge, dass sich der Schädling ausbreitet, steigt.

Darum geht es: Die sogenannte Schilf-Glasflügelzikade sorgt derzeit in Süddeutschland für grosse Ernteausfälle von bis zu 50 Prozent. Der Schädling breitet sich immer weiter aus: Trat er bislang nur bei Zuckerrüben auf, befällt er immer häufiger Kartoffeln. Auch in der Schweiz sorgt er für Ernteverluste, wenn auch noch nicht so drastisch. «Seit zwei Jahren haben wir vermehrt Qualitätsprobleme bei Kartoffeln, vor allem bei Verarbeitungskartoffeln für Chips oder Pommes frites», sagt Stefan Vogel, Agrarwissenschaftler und Kartoffelforscher an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften BFH-HAFL. Das könne verschiedene Gründe haben. Doch man gehe stark davon aus, dass die Schilf-Glasflügelzikade eine davon sei.

Nahaufnahme eines Insekts auf einem Blatt.
Legende: Die Glasflügelzikaden sind eine weltweit verbreitete Familie der Spitzkopfzikaden. Mit über 2100 Arten aus über 150 Gattungen stellen sie eine der artenreichsten Familien dar. Hier im Bild: eine Pelz-Glasflügelzikade. IMAGO/ imagebroker

Das geschieht bei einem Befall: Die Zikade könne nur Schäden anrichten, wenn sie das Bakterium «Arsenophonus» oder «Phytoplasma solani» in sich trage, sagt Vogel. Je nach Jahr fliegt sie von Mai bis Mitte Juli in die Zuckerrüben- oder Kartoffelfeldern ein und saugt an den Blättern. «Wenn sie das Bakterium in sich trägt, überträgt sie dieses auf die Pflanze», so der Kartoffelforscher. Bei den Zuckerrüben führe das dann zu Vergilbung der Blätter und zu einem tiefen Zuckergehalt. «Bei Kartoffeln kann es zu Welkeerscheinungen führen oder zu Luftknollen über dem Boden», sagt Vogel. Doch was genau alles in der Pflanze geschieht, sei noch nicht ganz klar.

Das sind die Folgen: In der Schweiz rechne man mit Ertragseinbussen von bis zu 30 Prozent, sagt Vogel. Das Problem sei vor allem die Backqualität, die bei den Verarbeitungskartoffeln nicht mehr erreicht werden könne. «Beim Frittieren der Kartoffeln kommt es zu einer Braunfärbung, die natürlich nicht erwünscht ist», sagt Vogel. Für inländische Produzenten werde es so schwieriger, die Qualität zu erreichen. «Dementsprechend kommt weniger Schweizer Ware auf den Markt und es werden mehr ausländische Pommes frites und Chips in der Schweiz verkauft», so der Agrarwissenschaftler.

Zwei kleine Insekten auf einem Blatt.
Legende: Nicht die Zikaden selbst seien das Problem, sondern das Bakterium, welches sie in sich tragen, sagt Stefan Vogel. IMAGO/ blickwinkel

Können sich die Zikaden auf andere Lebensmittel ausbreiten? «Dazu wissen wir aktuell noch zu wenig», sagt Vogel. Dieses Jahr habe die gesamte Kartoffelbranche zusammen mit Agroscope und Bioreba ein Projekt lanciert, um der Sache auf den Grund zu gehen. «Bis jetzt wurden die Schilf-Glasflügelzikaden bei Kartoffeln, Zuckerrüben und bei gewissen Gemüsekulturen wie dem Sellerie nachgewiesen.» In Deutschland gehe man davon aus, dass sie auch Zwiebeln befallen könnten.

Das kann gegen die Zikaden unternommen werden: Vor ein paar Jahren habe es ein Projekt gegeben, in dem untersucht wurde, wie die Zikaden mittels Fruchtfolge eingedämmt werden könnten, so Vogel. Denn die Zikaden legen ihre Eier auf Zuckerrüben ab. Die geschlüpften Nymphen ernähren sich an den Zuckerrüben und später an der Folgekultur, meist Winterweizen, wie Vogel erklärt. Es habe sich gezeigt, dass die Zikaden reduziert werden könnten, wenn nach den Zuckerrüben eine Brache – also ein nackter Boden – und danach eine Frühjahreskultur wie Mais angebaut wird. So könnten sich die Nymphen nur schlecht oder gar nicht ernähren.

Doch auf den gesamten Zuckerrüben- und Kartoffelflächen auf Winterweizen zu verzichten, sei schwierig. Es braucht andere Lösungsansätze. «Auch die klimatischen Bedingungen spielen eine Rolle. Dieses Jahr ist der Ausflug mit den tiefen Temperaturen und dem regnerischen Wetter geringer als in den vergangenen zwei Jahren», so Vogel. Dies sei eine Entwicklung, die mit verschiedenen Faktoren zusammenhänge.

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SRF 4 News, 24.10.2024, 16:47 Uhr ; 

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