Ein Bauer pflügt mit einem Traktor ein Feld.
Legende: Pflügen nicht mehr nötig? Der Einsatz von Glyphosat erlaubt pfluglose, bodenschonende Anbauverfahren. Keystone/Archiv

Schweiz Glyphosat-Streit: Schweiz schaut gespannt nach Brüssel

Vertreter der EU-Staaten beraten in Brüssel über eine erneute Zulassung von Glyphosat. Indirekt beeinflusst der Entscheid der EU auch den Einsatz des umstrittenen Herbizids in der Schweiz, wie Eva Reinhard, Vize-Direktorin des Bundesamtes für Landwirtschaft, erklärt.

SRF News: Welche Auswirkungen hat ein Entscheid der EU auf die Schweiz?

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Eva Reinhard: Direkt hat ein Entscheid in der EU auf die Schweiz keine Auswirkungen. Gemäss rechtlicher Vorgaben dürfen wir einen Entscheid der EU nicht einfach autonom nachvollziehen. Indirekt hat ein Entscheid aber sicher Auswirkungen, denn wir sind rechtlich verpflichtet, laufend neue Erkenntnisse in unsere Zulassungsentscheide aufzunehmen.

Wenn die EU einen solch entscheidenden Entschluss fasst, dann gehen wir davon aus, dass neue Daten und Argumente vorliegen. Diese müssen wir prüfen und entsprechend handeln, falls wir das für nötig erachten.

Eva Reinhard

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Sie ist Vize-Direktorin des Bundesamtes für Landwirtschaft und leitet den Direktionsbereich Produktionssysteme und natürliche Ressourcen.

Welche Auswirkungen hätte ein Verbot von Glyphosat in der Schweiz auf unsere Landwirtschaft?

Sollte sich die EU gegen eine erneute Zulassung von Glyphosat aussprechen, dann bestünde die Möglichkeit eines Verbots des Unkrautvernichters in der Schweiz. Über dessen Auswirkungen auf die Schweizer Landwirtschaft kann ich nur spekulieren.

Glyphosat wird sehr breit gegen problematische Unkräuter zum Beispiel im Obst- und Weinbau oder auf Bahngeleisen eingesetzt. Für den Obst- und Weinbau würden Alternativen zur Verfügung stehen. Beispielsweise für Brachen oder für die pfluglosen, bodenschonenden Anbauverfahren aber nicht.

Sollte sich die EU gegen eine Zulassung von Glyphosat aussprechen, bestünde die Möglichkeit eines Verbots des Unkrautvernichters in der Schweiz.

Über Glyphosat

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Glyphosat ist das weltweit am meisten verkaufte Pestizid. Es wird sowohl in der Landwirtschaft als auch in privaten Gärten verwendet. In der Schweiz werden laut der Stiftung für Konsumentenschutz jährlich 300 Tonnen davon versprüht. Die europäische Zulassung für Glyphosat läuft Ende Juni aus

Der Bund subventioniert bodenschonende Anbauverfahren. Ist es nicht ein bisschen befremdend, wenn Methoden, bei denen ein möglicherweise krebserregendes Produkt zum Einsatz kommt, öffentliche Gelder kriegen?

Falls Glyphosat wirklich krebserregend wäre, fände ich das sehr befremdend. Aufgrund der uns vorliegenden Daten gehen wir aber nicht davon aus. Hat ein Mittel keine schädlichen Nebenwirkungen, erreichen wir durch Subventionen etwas Positives: einen fruchtbaren Boden sowie den Schutz vor Erosion und gegen Bodenverdichtung.

Wir wollen wissen, woher die Glyphosat-Rückstände im Urin der Schweizer Bevölkerung stammen.

Die Schweiz stellt sich auf den Standpunkt, dass Glyphosat nicht krebserregend ist. Der Bundesrat hat allerdings kürzlich angekündigt, er wolle das noch einmal überprüfen. Weshalb nun plötzlich?

Mehreren Studien haben im Urin der Schweizer Bevölkerung Glyphosat nachgewiesen. Allerdings sind die nachgewiesenen Mengen gesundheitlich unbedenklich. Dennoch ist es wichtig zu wissen, woher die Rückstände im Urin kommen.

Hintergrund

Denn in der Schweiz darf Glyphosat nicht auf Pflanzen angewendet werden, die als Lebens- oder Futtermittel dienen. Wenn man sich ausschliesslich von Schweizer Produkten ernährt, können wir uns nicht erklären, woher das Glyphosat im Urin kommt. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Ernährungssicherheit der Schweiz auf nur etwa 60 Prozent beruht. Das heisst, wir importieren Lebensmittel. Hier möchten wir gerne wissen, mit welchen Lebensmitteln solche Rückstände importiert werden.

Das Gespräch führte Gaudenz Wacker.

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