Ein Käser bearbeitet einen Laib Käse in einem Käselager.
Legende: Soll die Schweiz vom Boykott profitieren und mehr Käse nach Russland liefern? Reuters

Schweiz Schweizer Käse für die Russen?

Vom russischen Importverbot für Käse aus der EU könnte die Schweiz profitieren. Bereits sind erste Anfragen aus Moskau bei Schweizer Käseproduzenten eingegangen. Unklar ist, ob der Bundesrat dies erlaubt, denn er will bekanntlich verhindern, dass die Sanktionen via Schweiz umgangen werden.

Gestern traten die russischen Importbeschränkungen in Kraft, heute klingelte bei Intercheese, einem international tätigen Käseverarbeiter und -exporteur im luzernischen Beromünster, bereits das Telefon. «Russische Importeure möchten von uns Käse», sagt Geschäftsführer Daniel Dätwyler. Die Anfragen würden nun geprüft.

Schweizer würden gerne liefern

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Wenn irgendwie möglich komme Intercheese den russischen Anfrage gerne nach. Doch das werde nicht einfach. Aus der Schweiz allein werde man nicht die gesamte, aus Russland nachgefragte Menge an Käse liefern können, sagt Dätwyler. «Es geht offenbar vor allem um Industriekäse; wir schauen nun, was sich machen lässt.»

Bis jetzt lieferte Intercheese über einen deutschen Exporteur Käse nach Russland. Doch mit den von Moskau gegen die EU-Staaten verhängten Sanktionen ist fraglich, ob das weiterhin möglich ist. Letztes Jahr verkaufte das Unternehmen rund 20 Tonnen Emmentaler, Gruyère, Vacherin und andere Spezialitäten nach Russland, vor allem in die Region Moskau. Das sei zwar noch vergleichsweise wenig, räumt Dätwyler ein. Doch Russland könne interessant werden: «Wir hoffen auf zukünftige gute Geschäfte», sagt er.

Auf dem russischen Markt Fuss fassen

Die neuen Importbeschränkungen gegen Käse aus der EU und den USA könnten den Schweizer Exporteuren in die Hände spielen, hofft auch Martin Spahr. Er ist Geschäftsleitungsmitglied bei Switzerland Cheese Marketing. Man bemühe sich seit einiger Zeit, auf dem russischen Markt Fuss zu fassen. Durch die Sanktionen würden diese «möglicherweise» etwas beschleunigt. Wichtig sei aber, «dass das, was wir jetzt unternehmen, auch in drei Monaten noch Bestand hat».

Vieles ist ungewiss. Deshalb gibt sich Emmi vorerst zurückhaltend. Das Unternehmen ist der grösste Schweizer Käseexporteur nach Russland. Man habe noch keine konkreten Anfragen aus Russland erhalten, sagt Mediensprecherin Sybille Umiker. Wenn solche eintreffen, würden sie aber sicher geprüft. Doch für Emmi ist klar: «Der Entscheid, ob die Schweiz in die Bresche springt, muss von der Politik getroffen werden.»

Politik muss entscheiden

Dürfen Schweizer Exporteure in die Lücke springen, die Mitbewerber aus der EU hinterlassen oder wäre das ein indirektes Profitieren der EU-Sanktionen gegen Russland? Die Politik hat sich zu dieser Frage noch nicht geäussert. Beim Staatssekretariat für Wirtschaft heisst es nur: es sei noch zu früh, um dazu Aussagen zu machen.

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