- Die Schweizer Behörden und der Bundesrat sind mitverantwortlich, dass der US-Geheimdienst über manipulierte Chiffriergeräte der Crypto AG spionieren konnte.
- Dies hält die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) fest.
- Im Zentrum stand die Frage, was die Schweizer Behörden wussten.
Seit 1993 hatte der Strategische Nachrichtendienst (SND) verlässliche Informationen über die Crypto AG, wie in einem Bericht steht, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Der SND ist eine Vorgängerorganisation des Nachrichtendienst des Bundes (NDB).
Laut den Abklärungen der GPDel hat die Schweiz später auch von den Erkenntnissen der Spionagetätigkeit des amerikanischen Geheimdienstes CIA profitiert – im Einverständnis mit den USA. Die Schweiz spionierte also mit.
«Aus der Tatsache, dass der SND und die amerikanischen Dienste im gegenseitigen Einvernehmen handelten, ergibt sich eine Mitverantwortung der Schweizer Behörden für die Aktivitäten der Crypto AG», hält der Bericht fest.
Bund trägt Mitverantwortung
Rechtlich sei es zwar zulässig gewesen, dass der SND und die CIA eine Firma in der Schweiz gemeinsam nutzten, um Informationen über das Ausland zu beschaffen.
«Angesichts der grossen politischen Tragweite dieser Zusammenarbeit» erachtet es die GPDel aber als falsch, dass der Bundesrat bis zur heutigen Vorsteherin des VBS, Viola Amherd, nicht über diese Zusammenarbeit informiert gewesen sei.
Die Tatsache, dass die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz mit der CIA so lange vor dem Bundesrat verborgen lieb, stelle «einen Mangel in der Führung und in der Aufsicht durch den Bundesrat» dar. Infolgedessen «trägt der Bundesrat eine Mitverantwortung für den jahrelangen Export von schwachen Geräten durch die Crypto AG», so die GPDel.
Reaktion des Bundesrats «widerrechtlich»
Der Bundesrat wurde erst im Herbst 2019 über die Vorgänge informiert. Dass der Bundesrat die Generalausfuhrbewilligungen für die Nachfolge-Firmen der Crypto AG sistierte, ist laut der GPDel widerrechtlich.
«Die Möglichkeit einer Sistierung ist im Recht nicht vorgesehen», teilte die GPDel mit. Da mit diesem Entscheid des Bundesrats die Exporte der betroffenen Firmen faktisch seit Ende 2019 blockiert seien, liege nach Auffassung der GPDel auch ein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.
SP fordert weiterhin PUK
Die SP fordert weiterhin «mit Nachdruck» eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). Der Bundesrat muss gemäss der Partei in drei Punkten Licht ins Dunkel bringen: Das sind einmal die Folgen der Crypto-Affäre auf die Glaubwürdigkeit der Aussenpolitik. Der «hochgradig in die Affäre involvierte» ehemalige NDB-Direktor Markus Seiler arbeite heute als Generalsekretär im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA).
Zudem stellt sich für die SP die Frage nach der politischen Verantwortung. Offenbar habe der NDB vollständig eigenmächtig agiert; weder Gesamtbundesrat noch alle Kontrollinstanzen seien informiert gewesen. Drittens fragt die Partei, wie es möglich sei, dass zentrale Akten in der Affäre verschwunden sind.
Das ist Cryptoleaks:
- In den 1970er-Jahren hatten der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) und der US-Auslandsgeheimdienst (CIA) verdeckt die Firma Crypto AG in Zug übernommen.
- Recherchen der «Rundschau», des ZDF sowie der «Washington Post» ergaben, dass die Verschlüsselungsgeräte so manipuliert waren, dass die Geheimdienste die Kommunikation mitlesen konnten.
- Über hundert Staaten sollen von der Abhöraktion betroffen gewesen sein.