Verantwortung von Konzernen Nationalrat beharrt auf einen Gegenvorschlag zur Initiative

Trotz anderer Vorzeichen hat sich die Meinung durchgesetzt, dass die Konzernverantwortungsinitiative nicht alleine dem Stimmvolk vorgelegt werden soll.

Über fünf Stunden diskutierte der Nationalrat darüber, ob er dem Ständerat folgen und die Konzernverantwortungsinitiative allein vors Stimmvolk bringen solle. Oder ob er an einem Gegenentwurf festhalten solle.

Das verlangt die Initiative:

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Unternehmen mit Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in der Schweiz sollen verpflichtet werden, regelmässig eine Sorgfaltsprüfung zu den Auswirkungen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt durchzuführen. Über das Ergebnis dieser Prüfung sollen sie Bericht erstatten.

Verletzt ein Schweizer Unternehmen Menschenrechte oder Umweltstandards, so soll es für den Schaden aufkommen – auch wenn dieser durch eine Tochtergesellschaft im Ausland verursacht worden ist. Schweizer Unternehmen würden damit auch für Tätigkeiten von Unternehmen haften, die sie wirtschaftlich kontrollieren, ohne direkt am operativen Geschäft beteiligt zu sein.

Dies hatte die Grosse Kammer im letzten Sommer beschlossen – allerdings unter anderen Vorzeichen: Eine Mehrheit der FDP-Fraktion wollte den indirekten Gegenvorschlag neu zurückweisen.

Doch am Ende sprach sich der Rat mit 109 zu 69 Stimmen bei 7 Enthaltungen dagegen aus. Zum Ja verhalfen nicht nur die Stimmen einer freisinnigen Minderheit, sondern auch ein paar Abweichler bei der SVP.

Ständerat könnte alles umkippen

Nun wird sich der Ständerat erneut mit der Frage befassen. Weist er das Geschäft zurück, ist der Gegenvorschlag definitiv vom Tisch.

Auf die Beratung der Details hat der Nationalrat vorerst verzichtet. Sie wird erfolgen, wenn beide Kammern den Gegenvorschlag beschlossen haben.

Das waren die Voten

Grüne: Die Schweiz darf laut Sibel Arslan (BS) bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen durch Schweizer Firmen im Ausland nicht länger wegschauen. Es brauche klare Regeln. Die Grünen unterstützen deshalb die Initiative, die in der Bevölkerung grosse Sympathien und an der Urne Chancen habe.

SP: Matthias Aebischer (BE) warnte, dass man ohne Gegenvorschlag einen gehässigen Abstimmungskampf riskiere – mit breiten Teilen der Bevölkerung auf der einen Seite und den Grosskonzernen auf der anderen. Der Kompromiss sei ein gangbarer Weg, deshalb stehe die SP klar hinter einem Gegenvorschlag – aber auch der Initiative.

CVP: Die CVP erwarte, dass hier ansässige Firmen ihre soziale und ökologische Verantwortung weltweit wahrnehmen, sagte Andrea Gmür-Schönenberger (LU). Die Initiative lehne man ab, da sie zu extrem sei. Einen Gegenvorschlag will die CVP unterstützen, wenn er wirtschaftsfreundlich sei und zum Rückzug der Initiative führe.

GLP: Die Schweiz – ein Land, das von der Globalisierung am meisten profitiert habe und im Rohstoffhandel ein Big Player sei – müsse und könne Verantwortung übernehmen, sagte Beat Flach (AG). Die Initiative gehe der GLP aber zu weit, darum unterstützt sie den indirekten Gegenvorschlag.

Festschreiben auf Verfassungsebene?

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Die GLP schlägt als Alternative einen direkten Gegenvorschlag vor. Damit würde das in die Verfassung geschrieben, was die Unternehmen nach eigenen Angaben ohnehin schon täten, sagte Beat Flach (AG). Gemäss dem direkten Gegenvorschlag sollen sich Unternehmen branchenspezifische Standards geben. Der Bund müsste dann Vorschriften erlassen, wenn keine ausreichende Selbstregulierung zustande kommt. Dieser direkte Gegenvorschlag hat von den anderen Parteien aber wenig Unterstützung. (sda)

BDP: Die BDP hat laut Bernhard Guhl (AG) Sympathien für die Initiative, sie geht ihr aber zu weit. Deshalb unterstütz man einen indirekten Gegenvorschlag, wenn er zum Rückzug der Initiative führe. Er appellierte an die Initianten, dafür Hand zu bieten. Kompromissbereit müssten sich auch die Parteien zeigen.

FDP: Die Partei spricht sich neu nicht nur gegen die Initiative, sondern auch gegen einen Gegenvorschlag aus. Laut Sprecher Giovanni Merlini (TI) gehe es um globale Herausforderungen, die ein koordiniertes Vorgehen erforderten. Ein Alleingang der Schweiz sei zu vermeiden.

Für eine Fraktions-Minderheit hielt Doris Fiala (ZH) fest, dass sich wichtige Exponenten der Wirtschaft einen indirekten Gegenvorschlag wünschen, den auch sie unterstützen würde.

SVP: Die Partei lehnt die Initiative ab, denn sie mache es attraktiv, gegen Schweizer Unternehmen zu klagen, warnte Barbara Steinemann (ZH). Der Standort Schweiz würde in Frage gestellt, Arbeitsplätze und Steuersubstrat verschwänden. Weil in den Gegenvorschlag «schädliche Kernanliegen der Initianten» eingeflossen seien, sagt die Partei Nein dazu. Hans-Ueli Vogt (ZH) plädierte hingegen für einen Gegenvorschlag.

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