Vermögensverwaltung Schweizer Finanzplatz verliert an Bedeutung

Die Pleite der Credit Suisse hallt nach – und die USA machen Boden gut. Doch die Spiesse zwischen den internationalen Finanzplätzen sind längst nicht mehr gleich lang.

Jahrelang war die Schweiz die Nummer eins, wenn es um die Höhe der verwalteten Vermögen ging, von internationaler Klientel. Doch der Vorsprung der Schweiz ist in den letzten Jahren zusammengeschmolzen. Das zeigt eine heute neu veröffentlichte Studie des Beratungsunternehmens Deloitte.

Mittlerweile sind die Schweiz, Grossbritannien und die USA praktisch gleichauf, wenn man die Höhe der verwalteten Vermögen von internationalen Kunden und Kundinnen misst. Die Schweiz ist zwar noch auf Platz eins, aber nur noch mickrige 8 Milliarden Dollar vor dem zweitplatzierten Grossbritannien.

Vergleicht man die Deloitte-Zahlen 2024 mit jenen aus dem Jahr 2020, dann hat die Schweiz mehr als 6 Prozent an internationalen Vermögen verloren. Grossbritannien und die USA haben im gleichen Zeitraum zugelegt. Wurden 2020 noch 2438 Milliarden Dollar Vermögen von internationalen Kunden in der Schweiz verwaltet, sind es aktuell nur noch 2174 Milliarden Dollar.

Der Untergang der Credit Suisse hat dem Schweizer Finanzplatz international geschadet.
Autor: Patrik Spiller Studienmitverantwortlicher bei Deloitte

Patrik Spiller, Partner bei Deloitte und mitverantwortlich für die Studie, sieht mehrere Gründe, wieso der Schweizer Finanzplatz Mühe hat, mitzuhalten. Zum einen sei da die Pleite der Credit Suisse: «Der Untergang der Credit Suisse hat dem Schweizer Finanzplatz international geschadet».

Nicht nur, was den Ruf angeht, sondern auch ganz konkret in Zahlen: Kurz vor dem Kollaps der Schweizer Grossbank seien 100 Milliarden Dollar abgeflossen, sagt Patrik Spiller. «Ohne diesen riesigen Abfluss wäre der Schweizer Finanzplatz noch mit deutlichem Vorsprung auf dem ersten Rang vor dem zweiplatzierten Grossbritannien.»

Langsameres Wachstum in Schweizer Kernmärkten

Einen zweiten Grund sieht Spiller darin, dass die Schweiz stark auf Kundschaft aus Europa und dem Nahen Osten fokussiert sei. In diesen Weltregionen aber wachsen die Vermögen nicht gleich stark wie beispielweise in Asien, USA oder Lateinamerika. Auch dieses langsamere Wachstum in Kernmärkten mache sich negativ bemerkbar, sagt der Deloitte-Experte.

Strassenszene in der Stadt mit Fussgängern und Strassenbahn.
Legende: Der Studienmitverantwortliche sieht zwei Gründe für den schwächelnden Schweizer Finanzplatz: die Pleite der Credit Suisse und die langsamer wachsenden Kernmärkte der Schweiz. Keystone/GAETAN BALLY

In der neusten Deloitte-Rangliste der grössten internationalen Finanzmärkte fällt noch etwas anderes auf: der Aufstieg der USA als wichtige Drehscheibe für internationale Vermögen. Die USA liegen mittlerweile auf Platz drei – mit ebenfalls mehr als 2100 Milliarden Dollar verwalteten Vermögen. 2018 noch lagen die USA deutlich zurück.

USA haben sich Wettbewerbsvorteil verschafft

Die Aufholjagd der USA führt Patrik Spiller auf zwei Gründe zurück: Einerseits seien die USA der grösste Finanzplatz der Welt. Entscheidender jedoch sei, dass die USA bei verschiedenen, neuen internationalen Regeln nicht mitmachten: «Die USA machen nicht mit beim automatischen Informationsaustausch. Und auch die Mindeststeuer der OECD ist in den USA nicht umgesetzt.»

Damit hätte sich der US-Finanzplatz einen Wettbewerbsvorteil verschafft, so Spiller, gegenüber jenen Finanzzentren, die sich an die neuen Spielregeln hielten. So ziehen heute Steueroasen wie South Dakota beispielsweise dank ihren Trust-Regeln superreiche Klientel aus aller Welt an. Denn diese Trusts bieten ein Mass an Anonymität beim Geldverwalten, das anderswo längst ein No-Go ist.

SRF 4 News, 23.10.2024, 12:30 Uhr

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