Mann in Anzug mit Regenschirm
Legende: Angeklagte Schweizer Banker sollen auf US-Botschaften in Europa aussagen. (Symbolbild) Keystone

Wirtschaft Bund weiss nichts von Banker-Aussagen auf US-Botschaften

Das Eidgenössische Finanzdepartment zeigt sich überrascht von der neusten Entwicklung im US-Steuerstreit: Im EFD war nicht bekannt, dass die US-Justiz angeklagte Schweizer Banker auffordert, auf US-Botschaften in Europa Kundennamen preiszugeben.

«Wir haben keine Kenntnis von konkreten Fällen», schreibt das Staatssekretariat für Finanzfragen SIF, das zum Finanzdepartement gehört, auf Anfrage von «ECO». «Falls Hinweise für die Verletzung von Schweizer Recht bestünden, würden wir die nötigen Schritte unternehmen.»

Angeklagten Schweizer Bankern wurde von den amerikanischen Justizbehörden vorgeschlagen, auf US-Botschaften in Europa auszusagen. Das haben gegenüber «ECO» voneinander unabhängige Quellen bestätigt. Für die Anreise der Banker würden die internationalen Haftbefehle gegen sie ausgesetzt. Zudem wurde ihnen mündlich zugesichert, dass sie die US-Botschaften nach Ende der Gespräche wieder verlassen könnten.

Ziemlich skandalös
Autor: Robert Waldburger Universität St. Gallen

Würden die Banker aussagen, würden sie Schweizer Recht brechen: Sicher das Bankgeheimnis, vermutlich würden sie auch gegen Art. 271 und Art. 273 des Strafgesetzbuches verstossen, die verbotene Handlungen für einen fremden Staat und wirtschaftlichen Nachrichtendienst ahnden.

Für Robert Waldburger, Professor für Steuerrecht an der Hochschule St. Gallen, ist klar: «Wenn die US-Justiz Schweizer Bürger anstiftet, schweizerisches Recht zu verletzen, ist das ziemlich skandalös.» Waldburger hatte im Fall UBS ein Rechtsgutachten darüber verfasst, in welchen Fällen Amtshilfe möglich ist. Er geht davon aus, dass die US-Justiz auch wissen will, wie das Amerika-Geschäft mit unversteuerten Geldern organisiert war: «Wer hat was gewusst? Wer hat was unterstützt? Wer hat was möglicherweise angeregt? Bis auf welche Hierarchie-Stufe hat man da mitgewirkt?»

Mehr als 30 Banker und Vermögensverwalter sind von der US-Justiz angeklagt. Gegen 14 Schweizer Banken, darunter Credit Suisse, Julius Bär und die Kantonalbanken von Zürich und Basel, laufen Strafuntersuchungen. Die Credit Suisse hat bisher 238 Kundennamen übermittelt, die anderen Banken keine.

Als die CS-Spitze Ende Februar vor einem US-Senatsausschuss Auskunft über ihr Geschäft mit US-Steuerhinterziehern geben musste, fand der Vorsitzende Senator Carl Levin deutliche Worte: «Unsere Untersuchung zeigt, dass die Identifizierung von Steuerhinterziehern nur schleppend vorankommt.» Statt amerikanisches Recht durchzusetzen, habe sich die US-Justiz von den Schweizern viel zu lange hinhalten lassen. Der neuste Schritt der US-Justiz scheint eine Folge dieser Kritik zu sein.

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