Unruhen in Magglingen Eine Turnwelt, die sich zwingend modernisieren muss

Die Schweizerische Turnwelt wurde in den letzten Wochen durch happige Vorwürfe erschüttert. Der Verband muss nun einen Weg in die Moderne finden.

Vor rund einer Woche sorgte ein Artikel im Magazin des TagesAnzeiger für Furore: Acht Ex-Athletinnen aus der Rhythmischen Gymnastik und dem Kunstturnen erhoben schwere Vorwürfe. Mit ihren Aussagen prangern die Turnerinnen die Trainingsmethoden und Umgangsformen im Nationalen Leistungszentrum Magglingen an.

Das macht natürlich Angst.
Autor: Joy Märki-Studer ehemalige Kunstturnerin

Joy Märki-Studer hat mit dem Kunstturnen schon vor über 10 Jahren abgeschlossen, fühlt sich durch die jüngsten Enthüllungen aber nach Magglingen zurückversetzt: «Das macht natürlich Angst, wenn man etwas sagt oder gesagt hat und das Konsequenzen haben wird.»

Vorwürfe kommen nicht überraschend

Neu sind fragwürdige Trainingsmethoden und Umgangsformen in Magglingen also nicht. Das zeigte auch das Beispiel aus der Rhythmischen Gymnastik im vergangenen Sommer, als die beiden Trainerinnen Iliana Dineva und Anelia Stantscheva nach physischen und verbalen Übergriffen entlassen wurden .

Wohl auch deshalb kamen die neusten Vorwürfe im Turnsport nicht überraschend. «Man kann es sich etwas vorstellen, weil Trainer sein ist nicht einfach. Aber ich war auch sehr schockiert», sagt Kunstturnerin Nadina Spiess, die punktuell in Magglingen trainiert.

Wir möchten einen offenen Kulturwandel durchführen.
Autor: Erwin Grossenbacher Zentralpräsident Schweizerischer Turnverband

Der Verband hat diese Woche mit einem offenen Brief an alle Turnerinnen und Turner reagiert und erste Massnahmen eingeleitet. So soll die neu geschaffene Ethikkommission als Anlauf- und Meldestelle für Athletinnen und Athleten dienen und garantieren, dass die Ethik-Richtlinien eingehalten werden. Zudem sollen die jüngsten Anschuldigungen gegen Fabien Martin, den Cheftrainer der Kunstturnerinnen, untersucht werden.

Am Anfang eines langen Weges

«Wir möchten einen offenen Kulturwandel durchführen», sagt Erwin Grossenbacher, Zentralpräsident des Schweizerischen Turnverbands. Als erster Schritt in diese Richtung darf die Trennung von Spitzensport-Chef Felix Stingelin angesehen werden.

Gründe für diese Trennung nannte die Verbandsspitze keine. Es dürfte aber kein Zufall sein, dass sie in eine Zeit fällt, in der das Zerwürfnis von Athletinnen und Betreuern medial breitgeschlagen wurde und der Turnverband am Anfang eines langen Weges steht, die Turnwelt in die Moderne zu führen.

SRF zwei, sportpanorama, 08.11.2020, 18:35 Uhr ; 

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