«Bedeutung für den Kontinent» Afrikas Leichtathleten erobern die Sprintdisziplinen

Mit Letsile Tebogo hat erstmals ein Afrikaner Olympiagold über 200 m gewonnen. Es ist der bisherige Höhepunkt eines langfristigen Trends.

Jahrelang war die Aufteilung klar: Nordamerika und die Karibik räumen die Medaillen im Sprint ab, Afrika dominiert auf den Langstrecken. Doch Letsile Tebogo meinte vor kurzem, es sei an der Zeit, dass Afrika die Kontrolle über den Sprint auf internationaler Bühne übernehme.

Am Donnerstag liess der 21-jährige Botswaner seinen Worten Taten folgen. In überragender Manier lief der WM-Dritte des Vorjahres zu Olympiagold über 200 m. Er ist der erste afrikanische Olympiasieger über die halbe Bahnrunde. Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi rief zur Feier des Ereignisses einen nationalen Feier-Halbtag aus. Tebogo selbst meinte nach seinem Sieg: «Es bedeutet viel für alle, das Land, den Kontinent und meine Familie.»

Breite vorhanden

Tebogo, der zweifache Juniorenweltmeister über 100 m, ist bei weitem nicht das einzige Sprinttalent aus Afrika. Über 200 m stellten die Afrikaner die Hälfte des Finalfeldes, auch wenn Joseph Fahnbulleh aus Liberia sowie die Simbabwer Tapiwanashe Makawaru und Makanakaishe Charamba ohne Medaillenchance blieben.

Über 100 m hatte der Südafrikaner Akani Simbine Olympiabronze nur um eine Hundertstel verpasst. Tebogo wurde in diesem Rennen 6.

Weltrekordlerin Amusan out

Den Frauen bleibt eine Medaille in Paris hingegen verwehrt. Die Nigerianerin Favour Ofili beendete das 200-m-Rennen vier Hundertstel hinter Bronzegewinnerin Brittany Brown (USA). Die ivorische Sprint-Pionierin Marie-Josée Ta Lou-Smith wurde im Herbst ihrer Karriere 8. über 100 m.

Im Hürdensprint hat Afrika mit Tobi Amusan eine Weltrekordlerin (12,12 Sekunden) in seinen Reihen. Die nigerianische Ex-Weltmeisterin hat aber nicht ihre beste Saison und scheiterte in Paris im Olympia-Halbfinal. Dass dort nur eine weitere Afrikanerin unter den 24 Halbfinalistinnen zu finden war, unterstreicht, dass die Sprinterinnen insgesamt weniger breit aufgestellt sind als ihre männlichen Kollegen.

Über 400 m schon länger stark

Der Vorstoss von Letsile Tebogo und Co. auf die kurzen Strecken folgt verschiedenen Exploits im Langsprint, der besonders im südlichen Teil des Kontinents einen hohen Stellenwert geniesst. Der Südafrikaner Wayde van Niekerk glänzte über 400 m während Jahren. 2016 gewann er Olympiagold. In Paris trat der inzwischen 32-Jährige nur über 200 m an, scheiterte aber im Halbfinal. In die Bresche sprang über die Bahnrunde Muzala Samukonga. Der 21-jährige Sambier lief zu Olympiabronze.

Die ersten afrikanischen Langsprint-Olympiasieger waren der ugandische Langhürdler John Akii-Bua (1972 in München) und die Marokkanerin Nawal El Moutawakel, die 1984 ebenfalls über 400 m Hürden zu Gold lief. Der allererste afrikanische Sprint-Olympiasieger ist inzwischen in Vergessenheit geraten. Der Südafrikaner Sidney Atkinson gewann 1928 in Amsterdam den Hürdensprint.

SRF zwei, Sportlive, 08.08.2024, 08:50 Uhr ; 

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