«Derzeit befinde ich mich in einem Spital in Österreich und versuche unter ärztlicher Aufsicht, wieder auf die Beine zu kommen – im wahrsten Sinne des Wortes: Da mich Schwäche und Schwindel plagen, bewege ich mich zur Sicherheit meist mit meinem ‹Rolli› vorwärts. Doch wie soll das im ‹realen Leben› funktionieren?
Ich habe mich im September 2020 mit dem Coronavirus infiziert. Mein Krankheitsverlauf blieb milde – wie eine leichte Erkältung. Glück gehabt, dachte ich zuerst. Falsch gedacht: Wenige Monate nach der Erkrankung traten erste gesundheitliche Beschwerden auf.
Anfangs fühlte ich mich ständig schlapp und ausgelaugt. Ich erkannte mich nicht wieder, denn ich war immer ein Energiebündel. Heute reicht meine Kraft gerade noch für die wesentlichen Dinge des Lebens, wie essen und duschen – manchmal kann ich selbst das nicht ohne Hilfe. Meine Arbeitsstelle als Kommunikationsreferentin eines Krankenhauses ruht seit Monaten.
Es ist hart, diese Version von mir zu leben.
Als Mitarbeiterin der Kommunikationsabteilung eines Spitals war ich gut darin, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten. Ich war früher ein echtes Multitasking-Talent. Diese Zeit ist vorbei. Schon wenn ich in meiner Tasse Tee rühre, kann ich nicht zuhören und muss mein Gegenüber bitten, den Satz nochmal zu wiederholen. Das nervt.
An schlimmen Tagen finde ich mein eigenes Zimmer nicht.
An besonders schlechten Tagen verliere ich meine Orientierung. Orte, die ich bereits mehrfach besucht habe, finde ich nicht mehr oder erkenne sie nicht wieder. Manchmal stehe ich hilflos im Flur des Krankenhauses und finde mein eigenes Zimmer nicht.
Um Abwechslung in mein Leben zu bringen, teile ich meinen Alltag auf TikTok. Ich will kein Mitleid, aber die Menschen sollen wissen, was nach einer Corona-Infektion passieren kann.
Das Tückische an «Brain Fog»: Ich sehe zwar fit aus, könnte den Alltag aber nicht ohne Hilfe bewältigen, sogar meine Haare zu waschen ist an manchen Tagen eine Herausforderung.
So schone ich mich im Bett, anstatt einem guten Freund zum ersten Kind zu gratulieren oder abends in eine Bar zu gehen. Gesellschaftliches Leben ist derzeit schlichtweg zu anstrengend. Die Beschwerden verwehren mir fast alles, was mich glücklich macht. Das ist der grösste Schmerz.
Ich will meine Freunde wiedersehen und arbeiten.
Kein Arzt kann mir sagen, ob mein Leben jemals wieder so wird wie vor der Covid-19-Erkrankung. Mittlerweile habe ich begriffen, dass es mich nicht weiterbringt, mich mit meinem alten Ich zu vergleichen . Aber ich arbeite an mir.
Vor kurzem schrieb mir eine gute Freundin, die ich im Spital kennengelernt habe und die auch am Hirnnebel leidet: ‹Lohnt es sich noch zu kämpfen, wenn keine Heilung in Sicht ist?› Ich lag erschöpft im Bett, als ich ihre Nachricht las, und wusste keine Antwort.»