Abtretender Baspo-Direktor «Ich bereue, dass ich nicht auf die Pauke gehauen habe»

An der Spitze des Bundesamtes für Sport (Baspo) kommt es zu einem Führungswechsel: Matthias Remund tritt Ende Oktober nach 19 Jahren zurück. Er wird ab Januar 2025 Generalsekretär des Internationalen Hochschulsportverbandes FISU. Remund hat die Entwicklung der Schweizer Sportförderung massgeblich mitgeprägt, in seine Amtszeit fielen aber auch die Enthüllungen der «Magglinger Protokolle».

Matthias Remund

Abtretender Baspo-Direktor

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Seit 2005 hat Matthias Remund das Bundesamt für Sport (Baspo) geführt. Ende Oktober 2024 verlässt er den Direktorenposten. 2025 übernimmt er die Leitung des Internationalen Hochschulsportverbandes FISU. Sie ist unter anderem Organisatorin der Welthochschulspiele Universiade, welche alle zwei Jahre stattfindet.

SRF News: Im Rahmen der «Magglinger Protokolle» berichteten Turnerinnen über physische und psychische Misshandlungen. In der Aufarbeitung wurde auch das Baspo kritisiert, es habe die Verbände zu wenig gut kontrolliert. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie die «Magglinger Protokolle» zum ersten Mal gelesen haben?

Matthias Remund: Für mich waren das keine neuen Erkenntnisse. Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass man bei der Betreuung der Sportlerinnen entschiedener hätte eingreifen müssen. Wir als Baspo sind nicht die direkt verantwortlichen Sportförderer, das sind die Vereine, Verbände und Trainer. Wir fördern den Nachwuchssport mit Subventionen und der Bereitstellung von Sportanlagen. Es stellt sich immer die Frage, wann der Staat eingreifen soll.

Der ganze Sport musste hier umdenken.

Und wo greift der Staat ein?

Damals gab es noch keine Rechtsmittel. Der Aufarbeitungsbericht hat gezeigt, dass sie geschaffen werden müssen. Heute haben wir sie. Es gibt eine niederschwellige Anlaufstelle und es gibt nun auch erste Sportgerichtsurteile.

Wir haben im Sport das Problem, dass Trainerinnen und Trainer, die aus dem Ausland kommen – zum Beispiel aus dem Osten – eine andere Trainingskultur haben und nicht verstehen, warum gewisse Praktiken in der Schweiz nicht toleriert sind. Das sind nicht per se böse Menschen, sondern sie kommen aus einer Kultur, in der Leistung mit Drill und Druck verbunden ist. Der ganze Sport musste hier umdenken. Aber das ist ein Prozess und ich begrüsse es, dass wir diesen Prozess in kürzester Zeit in Gang gesetzt haben und nun begleiten.

Sie sagten, es war nichts Neues für Sie. Bedeutet das, dass Sie über die Vorfälle Bescheid wussten?

Nicht im Detail. Aber es gab schon vorher Gespräche und es wurden auf unser Drängen bereits Massnahmen ergriffen. Aber wir haben nicht interveniert, wir hatten nicht die Möglichkeit, Sportpolizei zu spielen.

Ich bereue, dass ich nicht früher selbst auf die Pauke gehauen habe.

Bedauern Sie es aus heutiger Sicht?

Ich bereue, dass ich nicht früher selbst auf die Pauke gehauen habe und auf eine Gesetzesänderung gedrängt habe, damit wir die entsprechenden Kompetenzen erhalten.

In Ihrer Amtszeit wurde auch die Spitzensportförderung durch die Armee stark ausgebaut. Athletinnen und Athleten können als Sportsoldatinnen oder Sportsoldaten in Magglingen trainieren. Ist das nicht eine staatliche Spitzensportförderung unter dem Deckmantel der Armee?

Nein, es geht um Wehrhaftigkeit durch sportliche Leistungen. Wir nutzen Synergien. Wir sind dem VBS angegliedert und leisten einen Beitrag zur Sicherheit.

Sportlerinnen und Sportler sind auch Vorbilder in unserer Gesellschaft, sie tragen zur Resilienz bei. Wir bewundern sie, leiden mit ihnen und freuen uns über ihre Erfolge. Für mich ist das eine Win-win-Situation zwischen der Armee und dem Sport.

Das Gespräch führte Simone Hulliger, Mitarbeit Géraldine Jäggi.

Tagesgespräch, 15.10.2024, 13:00 Uhr ; 

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